"1 Tag, 23 Stunden, 9 Minuten, 58 Sekunden": auf dem Webauftritt der Liste Atid (Hebräisch: Zukunft) des amtierenden Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, Oskar Deutsch, läuft der Countdown Ticker.
Kommenden Sonntag wählt die Wiener jüdische Gemeinde ihren Vorstand neu. Die Nervosität in den Reihen der zehn kandidierenden Listen ist spürbar: mobilisieren, mobilisieren, mobilisieren lautet der Auftrag an alle Kandidaten und helfenden Hände im Endpsurt dieser Wahl.
Misrachi
Die bucharische Gemeinde
Chaj – Jüdisches Leben
Initiative Respekt
"Organisatorische Ergänzungen"
Warum? Neben dem Hauptwahltag am Sonntag, an dem die 5.451 Wahlberechtigten (insgesamt gibt es derzeit 7.676 IKG-Mitglieder) wienweit in insgesamt sieben Wahllokalen ihre Stimme abgeben können, nutzten viele bereits die Möglichkeit, am 1. sowie am 6. November im Gemeindezentrum in der Seitenstettengasse die Fraktion zu wählen, die sie in den kommenden fünf Jahren im Kultusvorstand vertreten soll.
Am ersten Wahltag kam es auf Grund des hohen Andrangs sogar zu Wartezeiten von bis zu einer Stunde, bis die Stimme abgegeben werden konnte – die Menschen standen teils auch auf der Straße an. IKG-Präsident Oskar Deutsch entschuldigte sich in einem Newsletter der Gemeindeführung prompt und versprach "organisatorische Ergänzungen" für die noch folgenden zwei Wahltage. Vergangenen Dienstag lief dann alles wie am Schnürchen.
2007 betrug die Wahlbeteiligung 55 Prozent. In diesem Jahr haben bereits an die 30 Prozent an den beiden Alternativwahltagen im Vorfeld des kommenden Sonntags ihre Stimme deponiert. Alle Fraktionen gehen daher davon aus, dass die Wahlbeteiligung dieses Jahr höher ausfallen wird als beim Urnengang vor fünf Jahren. Und appellieren via E-Mail, Newsletter oder Webpage an jene, die ihre Stimme noch nicht abgegeben haben, am Sonntag zu wählen. "Es kommt auf jede Stimme an", formuliert es etwa die Misrachi.
24 Mandate werden vergeben
Eine höhere Wahlbeteiligung bedeutet, dass ein Mandat teurer wird. 24 Mandate stehen zur Disposition. Bei einer Wahlbeteiligung von 50 Prozent bräuchte man für einen Sitz an die 115 Stimmen. Bei einer Wahlbeteiligung von 60 Prozent wären es bereits 20 Stimmen mehr. Derzeit sind im Kultusvorstand drei Fraktionen mit einem Mandat (die beiden orthodoxen Parteien Misrachi und Block religiöser Juden sowie der Verein Georgischer Juden), zwei weitere mit jeweils zwei Sitzen vertreten (die orthodoxe Liste Khal Israel, der Bund sozialdemokratischer Juden sowie Gescher, eine Fraktion, die heuer nicht mehr antritt).