Als 1971 Marc Bolan den Anstoss zur Glam-Rock-Ära gab und damit ein neues Kapitel der Pop-Geschichte aufschlug, konnte noch niemand ahnen, wie langlebig diese Welle sein würde. Denn obwohl etliche der damaligen Stars entweder schon verstorben sind (Bolan, David Bowie), im Gefängnis sitzen (Gary Glitter) oder die Rockpension genießen, falls sie nicht auf wundersame Weise wieder die Spitze der Hitparaden erklimmen (Elton John), so ist der Glam-Rock in diesen fünf Jahrzehnten immer wieder zum Leben erwacht. Zuletzt etwa mit der italienischen Band Maneskin, die den letzten Song Contest gewann, und - wie könnte es auch anders sein - mit dem einstigen Glam-Rocker Iggy Pop einen Song in die Charts platzierte.

T. Rex - Spaceball Ricochet, 1972

Glam-Rock war die Abkehr von Woodstock und Co., die Betonung des Ich statt des Wir. Dass Interviews mit ehemaligen Kollegen über Marc Bolan oder David Bowie nicht immer nur die Schokoseiten der Stars zeigen, sondern einen starken Drang zu Narzissmus und Egomanie aufdecken, überrascht nicht. Der Pop-Star als Inszenierung, sehr gut in Ringo Starrs Film "Bolan Boogie" zu sehen, sollte letztendlich bis heute die Pop-Welt prägen. Und ganz vorne an der Front dieser Bewegung war Marc Bolan, der mit Songs wie "Hot Love" oder "Children Of The Revolution" die Massen wie kein anderen mobilisieren konnte.

David Bowie - Starman, 1972

Im Fahrwasser von Bolan schwamm klarerweise David Bowie. Die beiden hatten den gleichen Produzenten, kannten sich seit Jahren und hatten schon zusammengearbeitet (sowohl als Anstreicher für ihren Manager als auch als Musiker). Bowies Wandlung zu Ziggy Stardust machte den Briten 1972 endgültig zum Star, der - wie sich herausstellen sollte - Generationen von Fans vereinen konnte.

Roxy Music - Virginia Plain, 1972

Die Band um Bryan Ferry und Brian Eno startete 1972 durch. Hits wie "Virginia Plain" oder "Do The Strand" brachten Roxy Music rasch ins Rampenlicht, Bryan Ferrys Solowerke (1973 hatte er mit Bob Dylans "A Hard Rain's a-Gonna Fall" einen Top-Ten-Hit) taten ein Übriges. Zunächst dank Brian Eno musikalisch sehr experimentell unterwegs, hatten sie später auch großen kommerziellen Erfolg.

Elton John - Goodbye Yellow Brick Road, 1973

Auch Elton John konnte sich dem Glam-Rock nicht entziehen. Arbeitete er etwa noch etwas unscheinbar mit Marc Bolan bei "Born To Boogie" zusammen, wurde ab 1972 eine deutliche Veränderung im Outfit sichtbar. Immer verrücktere Brillenmodelle zierten Johns Nase und auch sein gesamte Kleidung war im Glam-Rock-Stil. Die Krönung dieser Phase, die bis in die 80er Jahre reichte, war 1973 das Album "Goodbye Yellow Brick Road" mit dem gleichnamigen Hit sowie dem Dauerbrenner "Candle In The Wind".

Sweet - Block Buster, 1973

Fast schon wie eine Parodie auf die Glam-Rock-Bewegung wirkten Sweet. Perfekt glatt gebügelte Haare, wunderbar knallbunte Schuhe mit hohen Absätzen und mainstream-taugliche Songs für die Hitparade, da waren "Bravo"-Covers und jubelnde Teenies vorprogrammiert. Die Hits hießen dann "Hell Raiser", "Ballroom Blitz" und - nomen est omen - "Block Buster.

Queen - Killer Queen, 1974

Fast hat man es ja schon vergessen, aber die - mittlerweile darf man es sagen, obwohl jahrzentelanges "We are the Champions"-Gegröle noch immer nicht verziehen und vergessen ist - Kultband Queen begann als Glam-Rock-Truppe. Freddy Mercury mit langen Haaren wirkte dann nicht so streng wie in den 80ern, sondern ein bisschen wie ein Softie. Die Songs dieser Phase sind allerdings tatsächlich hörenswert und zeigen eine experimentierfreudige Band.

Cockney Rebel - Sebastian 1973

Der große Hit sollte für Steve Harley und seiner Band Cockney Rebel 1975 "Make Me Smile" werden, doch ist seine 1973 veröffentlichte elegische Rock-Ballade "Sebastian" letztendlich zum Kultsong geworden. Obwohl in Großbritannien als Single trotz mehrmaliger Versuche ein Flop, erreichte der Song am europäischen Festland gute Chartplatzierungen. Der laut Harley "gotische Liebessong" wird bei Live-Auftritten wirkungsvoll auf über zehn Minuten Länge ausgedehnt.

Alice Cooper, School's Out April 1972

Auch in den USA kam der Glam-Rock immer wieder zum Vorschein. In erster Linie war es Shock-Rocker Alice Cooper der neben den New York Dolls und Lou Reed diesen Popstil verkörperte. Mit Bühnenshows, die im Vergleich dazu jene der Rolling Stones wie Sängerknaben-Auftritte wirken ließen, konnte er sich den Ruf des Skandalrockers erarbeiten. Den Durchbruch in Europa hatte er mit "School's Out", ein Song, der Schüler ähnlich wie Pink Floyds "Another Brick In The Wall" aus der Seele sprach.