Vor 21 Jahren schrieb er noch einen Essay über das Problem mit der Musikindustrie, jetzt sieht er die Sache ganz anders: in einem Vortrag auf einer Konferenz in Melbourne im November betonte Steve Albini, Frontman der US-Band Shellac und bekannt als Produzent von Bands wie Nirvana oder Pixies, dass das Internet das Problem mit der Musikindustrie gelöst habe. Woher der Optimismus?

Während Albini 1993 vor allem noch die Ausbeutung von Musikern durch große Plattenlabels anprangerte, so spricht er heute nicht mehr über den Ausverkauf der kreativen Freiheit. Denn der Einfluss der Musikindustrie schrumpft, so Albini. So ließe sich Musik, die früher teuer oder nur schwer zu finden war, heutzutage viel leichter und billiger entdecken; längst vergessene Musik bekomme durch neue Medien eine zweite Chance. Es gebe mehr Musik denn je. Und durch die einfachere Technologie sei Musik heute auch viel einfacher zu produzieren und zu verbreiten. Und Booking wie Merchandising seien ebenfalls einfacher geworden. Einziger Wermutstropfen: Die Fans sehnen sich heutzutage mehr nach Konzerten, wodurch sich die Ticketpreise exponentiell erhöht haben.

In der Vor-Internet-Ära stand dagegen das Plattenmachen im Vordergrund, in den 1980er und 1990er Jahren kamen Musikvideos dazu. Die Musikindustrie war damals zum einem Großteils eine Plattenindustrie: Die Labels waren auf Verkauf angewiesen, es gab große Netzwerke an Managern und Agenten, und die kosteten viel Geld,, sagt Albini. Heute seien dagegen nicht mehr so viele Mittelsmänner eingebunden, betont er. Auch Radiostationen waren damals sehr einflussreich, denn das Radio war generell die billigste Möglichkeit, Musik, ohne sie kaufen zu müssen, zu hören. Konsequenz daraus: Die Plattenfirmen kauften sich ein.

Die gute alte Zeit gibt es laut Albini also nicht: Das alte System war dominiert von Labels, Radiosendern und einer wenigen Stars , vielen talentierten Musikern und Bands blieb damit eine Karriere verwehrt; stattdessen wurden sie von der Musikindustrie ausgebeutet. Ein Wettrennen um den großen Deal war die Folge.

Natürlich, so Albini weiter, gab es schon damals Bands außerhalb dieses Systems, und für sie war einfacher: Werbung wurde über Flyer ausgetragen, in freien Radios oder in Fanzines, Indie-Musiker bauten sich ihre eine eigene Infrastruktur auf und es gab viele kleine Labels. Aber auch die Rolle des Zuhörers habe sich verändert: er entscheide heute mehr mit denn je. Und wenn die Musik erstmal veröffentlicht ist, dann gibt es keine Kontrolle mehr über ihre weiteren Wege, freut sich Albini. Und durch das Internet gehe auch das traditionelle Verständnis von Eigentum zu Ende. Musik werde mehr und mehr zu öffentlichem Eigentum. Und auch das findet er sehr gut.