Leonard Cohen ist tot. Diese Meldung trifft viele Musikbegeisterte der Baby-Boomer-Generation wie ein Faustschlag in die Magengrube. Im Vergleich dazu ist Trumps Sieg über Hillary Clinton eine Streicheleinheit.
Noch vor wenigen Wochen kommentierte Cohen die Entscheidung des Nobelpreis-Komitees, Bob Dylan den Literatur-Nobelpreis zu verleihen, mit den Worten: "Für mich ist es, wie dem Mount Everest eine Medaille zu geben, da er der höchste Berg ist." Manch einer dachte aber, dass auch Leonard Cohen durchaus Nobelpreis-würdig gewesen wäre. Der Kanadier war tatsächlich ein Literat, hatte schon etliche Werke veröffentlicht (etwa die wunderbare Gedichtesammlung "Flowers For Hitler"), bevor er schließlich zur Gitarre griff, um ein Singer/Songwriter zu werden.
Am Beginn seiner Karriere meinten auch viele Kritiker ein wenig despektierlich, seine Songs seien vertonte Gedichte. Dem Publikum war diese Definition egal, Cohen traf mit seinen charismatischen Songs den Geschmack einer ganzen Generation. In seinen Songs ging es um seelische und - meist noch stärker - um körperliche Liebe, um Beziehungen und Trennungen sowie auch um das Ende, um den Tod.
Seine Musik wurde aber auch von vielen Kollegen geschätzt. Ganz gleich ob Bob Dylan oder Kris Kristofferson, Cohen war von seinem ersten Auftritt an in der Oberliga der Songschreiber angesiedelt. Etliche Songs waren auch sofort Hits, ohne jemals die Hitparaden erobert zu haben. "Suzanne", "Bird On A Wire", "Dance Me To The End Of Love" oder "First We Take Manhattan" haben Kult-Status erreicht.
"Like a bird on a wire, I have tried in my way to be free", sang er, und Millionen Fans sangen es nach. Freiheit war das Zauberwort der späten 60er Jahre. Cohen lebte so, ob in Griechenland oder in Kalifornien, ob als geborener Jude oder als alter Zen-Mönch. Platten veröffentlichte er regelmäßig, in den letzten Jahren aber aus einem eher trivialen Grund. Seine Managerin und Ex-Geliebte hatte ihn um seine Ersparnisse betrogen.
Seine letzte Platte, die vor wenigen Wochen erschienen war, klang schon nach Abschied. Doch öffentlich tat Cohen noch kund, er wolle 120 Jahre alt werden und "ewig leben". Nun ist er doch früher gegangen. Und die Frage, die er einst stellte, "who shall I say is calling", bleibt unbeantwortet.