Benedikt XVI. betonte in seiner nur in kritische Fragen gekleidete Absage an den Ungehorsam, man könne in der Geschichte der Nachkonzilszeit "die Dynamik der wahren Erneuerung erkennen", und er wies darauf hin, "dass zu neuer Fruchtbarkeit das Erfülltsein von der Freude des Glaubens, die Radikalität des Gehorsams, die Dynamik der Hoffnung und die Kraft der Liebe gehören". Ob die "Radikalität des Gehorsams", noch dazu eines Gehorsams, den der Papst offenbar nicht nur gegenüber Gott und dem Gewissen, sondern auch gegenüber der kirchlichen Obrigkeit einfordert, wirklich in einen Atemzug mit den drei christlichen Säulen Glaube, Hoffnung und Liebe gehört, ist die Frage. Benedikt XVI. hat der Hoffnung und der Liebe bereits Enzykliken gewidmet, ob er nun neben dem Glauben, was viele annehmen, auch noch den Gehorsam in einem solchen Lehrschreiben thematisieren wird, bleibt abzuwarten.

Dass der Papst in dieser Form auf die österreichische Pfarrer-Initiative einging, überraschte ebenso wie der eher moderate Ton. Keine Rede von Sanktionen gegen die Kirchenreformer seitens des Bischofs von Rom, dem seinerzeit als Chef der Glaubenskongregation der Beiname "Panzerkardinal" verliehen wurde, eher eine Ermahnung an sie, vor allem von derzeit nicht diskutierbaren Themen wie der Frauenordination abzurücken (dazu hatten den "Ungehorsamen" auch schon wohlmeinende Kleriker in Österreich wie der emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl geraten).

In Österreich sind die Papstworte jedenfalls nicht negativ, sondern eher als Ermutigung angekommen - sowohl beim Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, als auch beim Obmann der Pfarrer-Initiative Helmut Schüller, der sich "angenehm überrascht" zeigte.

Die päpstliche Reaktion zeigt jedenfalls, dass die Anliegen der österreichischen Priester im Vatikan ernst genommen werden. Nach einer drohenden Spaltung sieht das vorläufig nicht aus, freilich nach einem noch langwierigen Gesprächsprozess. Dass der Papst das Thema nun angesprochen hat, verschönert den Klang der Osterglocken. Bis zu einem wahrhaft pfingstlichen Ereignis, bei dem Bewahrer und Reformer einander nicht nur sprachlich verstehen, sondern auch zu weitgehend einvernehmlichen Lösungen kommen, ist aber noch ein sehr weiter Weg.