Dr. Heiner Boberski ist Redakteur der "Wiener Zeitung" und Buchautor. Unlängst ist sein mit Josef Bruckmoser verfasstes Buch "Weltmacht oder Auslaufmodell - Religionen im 21. Jahrhundert" (Tyrolia Verlag) erschienen.
Dr. Heiner Boberski ist Redakteur der "Wiener Zeitung" und Buchautor. Unlängst ist sein mit Josef Bruckmoser verfasstes Buch "Weltmacht oder Auslaufmodell - Religionen im 21. Jahrhundert" (Tyrolia Verlag) erschienen.

Während derzeit ein Volksbegehren die Trennung von Staat und Religionen forciert, entflammte gleichzeitig eine Debatte über die in Österreich geltenden - oft auf religiösen Festen beruhenden - Feiertage. Juden und Muslime würden sich freuen, wenn im mehrheitlich immer noch christlichen Österreich auch Feste ihrer Religionen berücksichtigt würden und die Angehörigen dieser Glaubensgemeinschaften an diesen Tagen frei hätten - sie könnten ja dafür an christlichen Feiertagen ihrer Arbeit nachgehen, lautet das Angebot.

Es war typisch für Österreich, dass sich anschließend auch gleich die Sozialpartner einen Schlagabtausch lieferten. Die Industriellenvereinigung, der die "Fenstertage" ein Dorn im Auge sind, tritt dafür ein, die Donnerstag-Feiertage auf den folgenden Freitag zu verlegen. Die Arbeitnehmervertreter ärgern sich, wenn Feiertage auf das Wochenende fallen, sie würden in diesem Fall den Feiertag am liebsten gleich am nächsten Montag nachholen.

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Das Thema hat natürlich neben religiösen sowohl wirtschaftliche als auch politische Aspekte. Zunächst einmal sind staatliche Feiertage - wie der 1. Mai oder der 26. Oktober - von den religiös fundierten - wie etwa 6. Jänner, 15. August, 1. November, 8. Dezember und die "beweglichen" Feste, die jedes Jahr auf einen anderen Tag fallen - zu unterscheiden. Dass an staatlichen Feiertagen wie an Sonntagen alle frei haben (freilich auch nur theoretisch, denn in etlichen Branchen muss zumindest ein Teil der Belegschaft arbeiten), versteht sich von selbst. Am meisten genießen meines Wissens übrigens diese Tage jene, die an allen anderen Sonn- und Feiertagen kaum zur Ruhe kommen: christliche Amtsträger, insbesondere katholische Priester.

Aber dass von den religiösen Festen alle profitieren, rührt noch aus einer Zeit, in der in Österreich die Angehörigen der christlichen Kirchen, wenn auch nicht unbedingt deren praktizierende Mitglieder, noch deutlich in der Mehrheit waren. Der von katholischen Majestäten beziehungsweise Politikern geprägte Staat trug diesem Umstand Rechnung, evangelische Christen kamen später sogar noch in den Genuss eigener freier Tage - des Karfreitags und des Reformationsfestes. Viele wissen zwar heute gar nicht mehr, was etwa zu Fronleichnam, am 15. August oder am 8. Dezember genau gefeiert wird, aber sie haben die freien Tage so lieb gewonnen, dass sie sich diese kaum mehr wegnehmen lassen wollen. Und die Politik, wiewohl heute kaum mehr von religiösen Persönlichkeiten geprägt, hütet sich, an diesen Tagen zu rühren. Ein Aufstand fast aller Bürger, nicht nur der - vielleicht noch 10 bis 12 Prozent der Bevölkerung ausmachenden - praktizierenden Christen im Lande, wäre zu erwarten. Vom religiösen Standpunkt wären sogar einige dieser Feiertage, etwa der Ostermontag, der Pfingstmontag oder der 26. Dezember, an denen Katholiken kein Messbesuch vorgeschrieben ist, durchaus verfügbar.