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Wichtig ist, was wer kann - und nicht wer wen kennt

Von Beate Meinl-Reisinger

Gastkommentare

Es braucht eine umfassende Offensive gegen Parteibuchwirtschaft wie öffentliche Hearings und Prüfkompetenzen bei den Parteifinanzen.


Wie werden in Österreich Spitzenjobs im öffentlichen Bereich vergeben? Indem zwischen den Regierungsparteien gepackelt und gemauschelt wird. In den Hinterzimmern werden die Posten und Positionen streng nach Farbe aufgeteilt. Das war bei vergangenen Regierungen so und bleibt bei der aktuellen Regierung nicht anders. Was früher rot-schwarz war, wird jetzt schwarz-blau: ÖBB, Asfinag, Verbund, Nationalbank, bei der neu geschaffenen ÖBAG schwirren schon Parteinamen herum, und auch bei der FMA wachsen die Begehrlichkeiten.

In Österreich teilen sich die Regierungsparteien das Land auf - das wird jetzt auch durch eine langjährige Studie bestätigt. Der gelernte Österreicher zuckt nur noch mit den Schultern: War ja immer schon so. Doch da widerspreche ich massiv. Ich bin nicht bereit, diese schamlose Postenschacherei als gegeben hinzunehmen. Ich bin nicht bereit, in aller Regelmäßigkeit Meldungen zu hören, welche Vorstände und Aufsichtsräte mit wem neu besetzt wurden. Und wie sein oder ihr politisches Netzwerk genau aussieht.

Das ist nicht mein Verständnis von Politik. Und es schadet auch langfristig dem Image unseres Berufsstands. Denn es bleibt jetzt schon übrig, dass es "der Politik" weniger um das Land, sondern mehr um den persönlichen Machteinfluss geht - den es auszubauen und zu erhalten gilt. Ohne den Beteiligten ihre Qualifikationen absprechen zu wollen: Oberstes Qualitätsmerkmal ist offenbar Loyalität. Dass somit nicht die besten Entscheidungen im Sinne unseres Landes gefällt werden, ist evident. Auch das Signal an die Jungen ist verheerend, denn eigentlich sollte es heißen: Wichtig ist, was wer kann. Und nicht, wer wen kennt.

Wir treten für eine umfassende Offensive gegen Parteibuchwirtschaft ein. Diese Offensive beginnt bei mehr Transparenz bei Postenbesetzungen. Es braucht aber auch volle Transparenz bei Einnahmen und Ausgaben. Das ist ein Paket, das den Weg bereitet, dass Politik mehr heißt, als die persönliche Macht auszuweiten. Kaum ein anderes Land zeigt derart massive Auswüchse eines Parteienstaats.

Wir haben hier einen langen Weg zu gehen. Beginnen wir mit transparenten Auswahlverfahren, mit Hearings, so wie sie bei der Bestellung der Richter am Europäischen Gerichtshof gang und gäbe sind. Gehen wir weiter zu strengen Unvereinbarkeitsregeln. Parteibuchwirtschaft wird dadurch noch nicht zwangsläufig ausgeschlossen. Aber sie verhindern, dass unqualifizierte Personen den Job bekommen. Damit ist es aber noch lange nicht getan. Gerade in der Regierung selbst muss angesetzt werden. Neue Regierungsmitglieder sollen sich im Rahmen eines öffentlichen Hearings dem Parlament und der Öffentlichkeit vorstellen. In anderen Ländern und dem EU-Parlament ist das üblich.

Und schließlich zu den Wahlkampfkosten: Wir haben gesehen, dass die Großparteien ungeniert die Obergrenzen missachten. Im Sport wird man für Doping disqualifiziert - in der österreichischen Innenpolitik kommt man so in die Regierung. Völlig intransparent, ohne große Strafen konnte hier an der persönlichen Macht geschraubt werden. Das gehört reformiert - drastisch höhere Strafen und umfassende Prüfkompetenzen des Rechnungshofs müssen Licht in die Parteienfinanzen bringen. Denn wir wollen uns nicht mehr wundern, was in diesem Land noch alles möglich ist.