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Die Macht ist immer noch weiß und männlich

Von Sabine M. Fischer

Gastkommentare
Dr. Sabine M. Fischer, Inhaberin von Symfony Consulting, ist Wirtschaftspädagogin und Human-Resources Unternehmensberaterin mit den Schwerpunkten Handel und Bildung. www.symfony.at

Welche Identifikationsmöglichkeiten bietet Österreich Mädchen?


Was die Statue für weiße und schwarze Menschen präsentieren sollte, war klar, als sie 1884 aufgestellt wurde: General Lee blickte standhaft gegen Norden. Dort saßen jene weißen Männer, die die Versklavung schwarzer Menschen abgeschafft hatten. Was würde ein schwarzes Mädchen beim Anblick dieser Statue sehen, fragte Mitch Landrieu, Ex-Bürgermeister von
New Orleans, sinngemäß in einem Interview, als er nach seinen Überlegungen zur Demontage des Denkmals gefragt wurde. Die Attribute "männlich, weiß, kriegerisch und schwarze Menschen ausbeutend" würden einem schwarzen Mädchen keine Identifikationsmöglichkeiten bieten. Lee war Sklavenhalter und weißer Heerführer im US-Sezessionskrieg. Seine Statue wurde auf Beschluss des Gemeinderates 2017 entfernt, und die USA hatten mittlerweile acht Jahre lang eine First Lady mit afroamerikanischem Hintergrund.

Welche Identifikationsmöglichkeiten bietet Österreich Mädchen? Und welche subtilen Botschaften werden gleichzeitig an Männer gesendet?
Im Österreich des Jahres 2018 sind die meisten mächtigen Personen in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien weiß und männlich, die meisten Statuen ebenfalls. Falls Frauen hier vorkommen, haftet ihnen noch immer etwas Besonderes an. Denn sie haben es "gegen den Mainstream geschafft", das ist unterschwellig deutlich spürbar, und sie sind jedenfalls in der Minderzahl. Auch in den Statistiken kommen Frauen hinsichtlich ihrer Wirtschaftskraft und Teilhabe (Einkommen, Vermögen, Anteil an Führungspositionen etc.) schlecht weg. Aber als Opfer von Gewalttaten stehen sie an der Spitze der Statistiken, auch europaweit, ebenso bei den Opferzahlen in TV-Krimis.

Angeblich sind daran die Frauen selbst schuld: aus mangelnder Verteidigungs- und Durchsetzungsbereitschaft. Nicht erwähnt wird dabei die Abhängigkeit des Individuums von seinem Umfeld und dessen Werthaltung und Spielregeln: Der Mensch, der eine Gewalttat anzeigt, benötigt nicht nur ein Rechtssystem, das die Misshandlung, die er oder sie erfahren hat, als Gewalttat qualifiziert, sondern auch eine polizeiliche und gerichtliche Infrastruktur, die diese Gewalttat objektiv untersucht und sanktioniert. Dass eine Frau einen Mann "töten musste, weil er ihre Weiblichkeit verletzt hatte", wurde bisher in Österreich nicht argumentiert. "Verletzter Männerstolz" dagegen wird nach
wie vor als Grund für tödliche "Beziehungsdramen" - also Mord
an einer Frau durch eine männliche Bezugsperson - genannt.

Gesetzliche Normen und ihre Durchsetzung hängen also auch von der öffentlichen Meinung ab. Diese wird stark geprägt von den Bildern, die im Alltag leicht verfügbar sind, wie zum Beispiel in der Werbung und in den Medien.

Auf Seite 13 der vergangenen Sonntagsausgabe der auflagenstärksten Tageszeitung Österreichs räkelte sich eine nackte Frau genießerisch über einem Begleittext, der pure Freude am "zur Verfügung stehen für männliche Phantasien" suggerierte. Macht, Würde und Werthaftigkeit von Frauen vertreten diese Bilder jedenfalls nicht. Vergleichbare Bilder von Männern finden wir in dieser Zeitung keine.