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Die Erbschaftssteuer und die Milliarden für die Zukunft

Von Bruno Rossmann

Gastkommentare
Bruno Rossmann ist Klubobmann der Liste Jetzt.

Begraben wir die Mythen und schaffen wir Chancengleichheit.


Die SPÖ hat offenbar die Erbschaftssteuer aufgegeben. Als Begründung nennt Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner, dass aufgrund der guten Konjunktur jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für deren Einführung sei. Ich halte diesen Verzicht auf Verteilungspolitik - und sei er nur vorübergehend - für völlig verfehlt. In Österreich sind Vermögen extrem ungleich verteilt: Die ärmere Hälfte der privaten Haushalte verfügt kaum über Vermögen, während auf die reichsten zehn Prozent mehr als zwei Drittel des Nettovermögens entfallen, allein auf das reichste Prozent gut 40 Prozent. Trotzdem hebt Österreich OECD-weit die drittniedrigsten Vermögensteuern ein.

Die großen Erbschaften konzentrieren sich überwiegend bei wenigen, sehr reichen Menschen. Das zementiert die Ungleichheit über Generationen ein und führt zu Machtkonzentration. Es wundert daher, dass eine Erbschaftssteuer in Meinungsumfragen eine weniger klare Mehrheit findet als eine Vermögensteuer. Das Thema Erben ist aber sensibel, und es ranken sich zahlreiche Mythen rund um eine Erbschaftssteuer. Durch gezielte Falschinformation wird den Menschen eingetrichtert, dass Häuselbauer und Mittelstand geschröpft würden. Die Befragungsdaten der Oesterreichischen Nationalbank über Vermögen belegen das nicht.

Weiters wird von Gegnern gerne vorgebracht, es handle sich um eine Doppelbesteuerung. Die Erbschaftssteuer ist jedoch die Ausnahme von der Regel. Während im Wirtschaftskreislauf auf verdientes Einkommen von der Lohn- bis zur Umsatzsteuer mehrere Abgaben zu leisten sind, haben Erben für ihren einmaligen leistungslosen Vermögenszuwachs noch keinen Cent an Steuer bezahlt.

Vom Boulevard werden diese Mythen tatkräftig unterstützt. Das führt dazu, dass viele Menschen das Risiko überschätzen, von einer Erbschaftssteuer betroffen zu sein.

Ein Freibetrag von 500.000 Euro würde ausreichen, um 90 Prozent aller Erbfälle steuerfrei zu halten. Ginge es rein um die Betroffenheit, müsste eine Erbschaftssteuer also eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung finden. Dass dies nicht so ist, mag auch am fehlenden Verständnis über den Freibetrag liegen: Dieser stünde jedem Erben steuerfrei zu, auch wenn das gesamte Erbe höher ist. Eine progressive Erbschaftssteuer würde auch über dem Freibetrag liegende Erbteile schonen.

Diese geradezu leistungsfeindliche Ungleichbehandlung von Erbschaften macht deutlich: Nicht einmal ideologisch ließe sich eine Mehrheit gegen die Erbschaftssteuer begründen. Vielmehr dient sie dem gemeinsamen Nenner aus liberalem Leistungsdenken und Solidargesellschaft: der Chancengleichheit, für die sich die Einnahmen aus einer Erbschaftssteuer gut nutzen ließen. Es sind Investitionen in Kinderbetreuung und Schulen, die der Vererbung von Bildung den Kampf ansagen könnten. Es sind die dringend nötigen Investitionen in die Pflege, um allen älteren Menschen gleichermaßen die Möglichkeit auf würdevolles Altern zu sichern. Und es ist die dringend notwendige Verteilungsgerechtigkeit. Wir brauchen daher eine Erbschaftssteuer. Nicht irgendwann - sondern jetzt.