Zum Hauptinhalt springen

Sprachliche Verbundenheit

Von François Saint-Paul

Gastkommentare
François Saint-Paul ist französischer Botschafter in Österreich. Alle Beiträge dieserRubrik unter:www.wienerzeitung.at/gastkommentare

In der heutigen Welt reicht es nicht mehr, nur eine Fremdsprache zu sprechen. Insbesondere Französisch wird wieder wichtiger.


Seit meinem Amtsantritt als Botschafter Frankreichs in Österreich vor 18 Monaten habe ich immer wieder festgestellt, wie sehr die Österreicher in der Mehrsprachigkeit verhaftet sind und insbesondere auf die französische Sprache Wert legen. Erlauben Sie mir, mit Ihnen gemeinsam ein paar Überlegungen anzustellen. Zuallererst liegt eines auf der Hand: In der heutigen Welt reicht es nicht mehr, nur eine Fremdsprache zu sprechen. Da ich selbst das Glück hatte, beruflich bedingt, mehrere Sprachen zu erlernen, weiß ich um den wertvollen Mehrwert dieser Vielfalt.

Gleichzeitig verstehe ich die Überlegungen der Eltern, die für ihre Kinder beim Erlernen einer weiteren lebenden Fremdsprache aus einem immer größer werdenden Angebot entscheiden müssen. Ich verstehe auch die aufkommenden Zweifel, wenn man in den Medien liest, dass in den vergangenen 15 Jahren immer weniger Schüler Französisch gelernt haben. Ohne andere Sprachen schlechtreden zu wollen, möchte ich doch einige gute Gründe nennen, warum Österreichs Jugend Französisch lernen sollte.

Es heißt nämlich zuerst einmal, sich einem reichen kulturellen Universum zu öffnen, sich Zugang zu den großen Meisterwerken der Literatur, der Filmwelt und der Musik zu verschaffen. Es ist auch eine Einladung, Frankreich, seine Landschaften und reiche Kultur zu entdecken. Dann kommt die Freude am Erlernen einer angenehmen, melodiösen Sprache, von dessen angeblicher Schwierigkeit man sich nicht abbringen lassen sollte: Französisch lernen leicht gemacht gibt es in Form eines vielfältigen Angebots.

In jener Sprache, die an den österreichischen Schulen am zweithäufigsten unterrichtet wird, kann jeder recht schnell ein Niveau erlangen, in dem es sich kommunizieren lässt. Das erleben zahlreiche Erasmus-Studenten. An die 12.500 österreichische Studenten haben in den vergangenen 25 Jahren diese soziale und kulturelle Erfahrung gemacht und so zur engeren freundschaftlichen Verbindung unserer beiden Länder beigetragen. Um die so geknüpften Kontakte zu erhalten, bemüht sich France-Alumni durch seine dynamische Vernetzung, Menschen miteinander zu verbinden, die in Frankreich studiert haben.

Französisch ist aber auch eine Weltsprache: Es ist die weltweit am fünfthäufigsten gesprochene Sprache und kommt neben Englisch als einzige auf allen fünf Kontinenten vor. Die Zahlen sprechen für sich: 2050 werden mehr als 700 Millionen Menschen durch die Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent Teil der internationalen Frankofonie sein. Französisch ist die drittwichtigste Sprache in der Geschäfts- und Arbeitswelt. In einem Land wie Österreich, in dem zwei Drittel der Arbeitsplätze direkt vom Export abhängen, lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Französisch ein ausgesprochenes Atout darstellt. So war Österreichs Exportvolumen in frankofone Länder 2017 viermal größer als in spanischsprachige Länder und siebenmal größer als in russisch- oder arabischsprachige Länder. Zudem scheint für ein Land, in dem so viele internationale Organisationen angesiedelt sind, die Beherrschung von Französisch fundamental. Als Arbeitssprache spielt Französisch eine wesentliche Vermittlerrolle, auf die Österreich im Bereich der Politik und der Verwaltung nicht verzichten kann.

Ich bringe daher meinen Wunsch zum Ausdruck, dass der Französischunterricht fester Bestandteil des Unterrichts in Österreich bleiben und verstärkt angeboten werden sollten, und vertraue auf die Unterstützung der Behörden, die Bemühungen des Lehrkörpers und den Enthusiasmus der Schüler.