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Warum wir ein europäisches Heer brauchen

Von Beate Meinl-Reisinger

Gastkommentare
Beate Meinl-Reisinger ist Klubobfrau der Neos. Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.

Gehen wir Schritt für Schritt in Richtung eines wirklich vereinten Europas. Ein "more oft the same" wird nicht reichen.


Mehr als die Hälfte aller Österreicher befürworten die "Vereinigten Staaten von Europa". Sicherlich, die Frage, was man sich darunter vorstellt, ist damit noch nicht geklärt, aber das ist doch eine gute Nachricht! Es zeigt nämlich, dass die Sorge um den Zerfall Europas in Kleinstaaterei zu einer verstärkten Zustimmung zu einem vereinten Europa führt. Es wird klar: Brexit, zunehmender Nationalismus und lügende Populisten drohen unser gemeinsames Europa massiv zu schwächen - ja, sogar zu zerstören.

Wir Neos gehen hier als einzige Kraft progressiv voran und entwerfen eine Vision der Vereinigten Staaten von Europa. Als Aufbruchsszenario, als Sehnsuchtsort. Den Weg dorthin müssen wir radikal realistisch beschreiten und den Mut haben, in einzelnen Fragen eine Allianz der Willigen und unterschiedliche Geschwindigkeiten zuzulassen.

Zunächst müssen wir aber die Frage klären: Was sollen Vereinigte Staaten von Europa leisten? Die besten Fürsprecher für ein starkes vereintes Europa findet man außerhalb Europas:

Die USA sind unter Donald Trump kein verlässlicher Partner. Viel mehr treibt Trump eine erratische, protektionistische und nationalistische Politik voran, die Freihandel ebenso in Frage stellt wie internationale politische Kooperation.

Russland ist nicht unser Freund. Inwieweit russische Trollarmeen und Propagandafabriken den US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Trump manipuliert haben, ist Gegenstand von Ermittlungen. Aber auch Wahlen oder Abstimmungen in Europa waren bereits Ziel russischer Medienmanipulation. Beim britischen Brexit-Referendum sowie im französischen Präsidentschaftswahlkampf mischte der lange Propagandaarm des Kremls mit. Das Ziel: die Destabilisierung der europäischen Einigkeit.

Auch China scheint zunehmend in Europa hegemoniale politische Interessen zu verfolgen. Ende 2018 wurde bekannt, dass Kommunikationsnetzwerke des diplomatischen Diensts der EU von Hackern angegriffen wurden - offenbar im Auftrag Chinas.

All das zeigt: Die Destabilisierung Europas ist im Sinne von China, Russland und Trumps USA. Dass deren Helfer mitten unter uns in Form der österreichischen, italienischen, ungarischen und französischen Nationalisten und Populisten sind, ist offensichtlich. Es droht der Verlust von Kontrolle, Wohlstand und Jobs. Und damit der Verlust von Chancen und dem europäischen Lebensentwurf samt Demokratie, offener Gesellschaft und starken Individual- und Freiheitsrechten. Die radikal-realistische Antwort kann nur in einem starken politisch vereinten Europa liegen.

Ich glaube an ein Europa, das schützt. Die Nationalstaaten genauso wie die Menschen. Und dazu gehört neben einer geschlossenen Handelspolitik auch eine selbstbewusste eigenständige Außenpolitik. Und: Eine gemeinsame entschlossene Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Eine starke Zusammenarbeit der Geheimdienste, einen gemeinsamen Außengrenzschutz und ein europäisches Heer. Wir Neos haben diese Debatte mit Claudia Gamon eröffnet. Weil wir wissen, dass wir diesen Dialog führen müssen.

Weder ein ambitionsloses "more of the same" noch Nationalismus führen uns in eine gute Zukunft. Die Weichenstellungen werden bei der Europawahl ebenso gestellt wie bei jeder der kommenden nationalen Wahlen. Europa: Machen wir was draus.