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Österreichs privilegierte Lage in der Mitte der EU

Von Andreas Stadler

Gastkommentare

Der 12. Juni 1994: Warum auch in Österreich an allen öffentlichen Gebäuden europäische Flaggen hängen sollten.


In Frankreich wird an öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Ämtern und Rathäusern neben der französischen auch die Europaflagge gehisst. Trotz der Feindlichkeit bis Skepsis einiger politischer Kräfte von Marine le Pen (extrem rechts) bis Jean Luc Melenchon (links) gibt es in Frankreich mehrheitlich eine solide Verbindung zum europäischen Projekt, was auch Präsident Emmanuel Macron immer wieder betont und vorantreibt.

Nun ist Frankreich bereits seit der Gründung 1957, also seit 62 Jahren, Mitglied und Motor der europäischen Integration. Österreich entschied sich am 12. Juni 1994 in einer Volksabstimmung mit einer Zweidrittelmehrheit bei mehr als 80 Prozent Beteiligung für den Beitritt zur damaligen Europäischen Gemeinschaft. Die Diskussion davor war extrem ideologisch aufgeladen. Unter anderem warnte der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider vor maßlosem Zentralismus und Zuzug aus EU-Staaten sowie mit Schildläusen behandeltem Joghurt, das dann importiert werden müsste.

24 Jahre ist Österreich nun Mitglied der Europäischen Union, die sich in dieser Zeit grundlegend weiterentwickelt und auch erweitert hat. Aus den 15 Mitgliedstaaten 1995 wurden inzwischen 28 Teilnehmer einer sich vertiefenden Zusammenarbeit. Österreich profitiert in hohem Ausmaß davon, dass es nicht mehr Grenzland und Peripherie ist, sondern in eine privilegierte Lage in der Mitte aufsteigt. Mit den Nachbarländern Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien sind befreundete und dynamische Staaten an uns herangerückt, mit denen wir einen überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Aufschwung teilen. Österreichische Unternehmen, aber auch die Häuslbauer und der Dienstleistungssektor profitieren. Ebenso hilft der finanzielle Rückfluss in diese früher durch den Kommunismus verarmten Gesellschaften. Ein langsamer Ausgleich führt dazu, dass mittlerweile auch mittelosteuropäische Unternehmen in Österreich investieren und Arbeitsplätze schaffen.

Noch wichtiger ist aber, dass die EU auch Frieden geschaffen hat und erhält. Die Solidarität von (derzeit noch) 28 EU-Staaten ist das Gegenmodell zu den nationalistischen Kräften, die ab 1990 Jugoslawien zerstört hatten. Die sieben Nachfolgestaaten leiden mit Ausnahme von Slowenien und Kroatien immer noch am ethnozentrischen Provinzialismus, der kaum zu Kompromissen und geteiltem Wohlstand fähig ist. Viele junge Talente aus Serbien, Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, Mazedonien und sogar dem wohlhabenden Montenegro emigrieren frustriert über Engstirnigkeit, Nepotismus und Korruption.

Die Europäische Union ist der Rahmen, in dem die 27 anderen Mitgliedstaaten ihre Solidarität und ihre Unterstützung für Österreich unter tatkräftigen Beweis stellen. Auch Soldaten, Polizisten, Techniker und Experten aus EU-Mitgliedstaaten wie Spanien, Schweden und Polen beteiligen sich am Balkan, aber auch in vielen anderen fragilen Regionen dieser Welt an konkreten Projekten zur Prävention sowie zur Bewältigung von Konflikten. Die Europäische Union plant und finanziert den Wiederaufbau und die Entwicklung von ehemaligen Kriegsgebieten und beugt damit neuen Konflikten vor.

Österreichische Unternehmen, der Tourismus, Jugendaustausch und wir alle profitieren davon. Dies sind nur einige Gründe, warum wir diese europäische Solidarität, die wir ebenso erhalten, wie wir sie leisten, auch im öffentlichen Raum zeigen sollten.

Andreas Stadler ist österreichischer Botschafter für Malta und Gastprofessor für Kunst und internationale Politik an der Angewandten. Er beschäftigt sich mit Prävention, Mediation und Bewältigung von Krisen durch multilaterale Diplomatie.