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Die Entdeckung des inneren Bergfexes

Von Talya Lador-Freshner

Gastkommentare

Ob am Strand oder in den Alpen - Hauptsache Freizeit: Israels Botschafterin in Österreich und Österreichs Botschafter in Israel schreiben im letzten Teil der Serie über ihre Wege abseits der Berufspflichten.


Wien. Für Diplomaten ist die Linie zwischen Beruf und Privat oft nur sehr schwer zu ziehen. Als israelische Botschafterin in Österreich muss ich mir ständig bewusst sein, dass alles, was ich tue, Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen unseren beiden Ländern haben kann. Das betrifft Gespräche ebenso wie Veranstaltungsbesuche oder auch Freizeitaktivitäten. Was für viele Menschen wie ein Nachteil klingt, hat aber auch Vorteile: Ich kann interessante Menschen in ungezwungener Atmosphäre kennenlernen, neue Ideen für Projekte sammeln und mich darüber informieren, was Österreich gerade bewegt.

Als feststand, dass ich in Wien meinen Dienst versehen werde, war für mich klar, dass vor allem im kulturellen Bereich eine scharfe Trennung nicht funktionieren würde - ich bin nämlich eine große Kulturliebhaberin. Wien ist eine Kulturhauptstadt Europas und hat, gemessen an seiner Größe, viel mehr zu bieten als manch andere Metropolen, was Konzerte, Opern, Theatervorstellungen und Museen betrifft.

Kulturellen Austausch stärken

Für meine Amtszeit habe ich mir das Ziel gesetzt, den kulturellen Austausch zwischen Österreich und Israel zu stärken. Ich habe viele Abende im Musikverein, im Konzerthaus, in der Stadthalle, der Volks- und der Staatsoper sowie unterschiedlichen Kinos verbracht; und ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass ich sie sehr genossen habe. Wenn dabei israelische Künstler wie der Dirigent Lahav Shani oder die Opernsängerin Chen Reiss auftraten, war es natürlich umso schöner für mich.

Wer nun glaubt, Diplomaten würden nur in Abendkleidern klassischer Musik lauschen und bei Cocktail-Empfängen an Gläsern nippen, dem kann ich versichern, dass es - wie in meinem Fall - auch vollkommen anders ablaufen kann. Erst seit ich in Österreich bin, habe ich mit dem Wandern begonnen. Und ich meine hier nicht Spaziergänge im Park, sondern richtige bergsteigerische Herausforderungen.

Schon seit zehn Jahren findet beispielsweise am letzten Juniwochenende das "Alpine Peace Crossing" statt. Bei dieser Wanderung folgt man jener Route über die Krimmler Tauern, über die Jüdinnen und Juden nach dem Zweiten Weltkrieg nach Israel flüchteten. Es war mir eine Ehre, mit vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter auch Israelis, die eigens angereist waren, die 18 Kilometer und 1100 Höhenmeter gemeinsam zurückzulegen.

Herausforderung in Osttirol

Eine noch größere Herausforderung hielten allerdings die Osttiroler Berge für mich bereit. Den Großglockner konnte ich wegen eines Wetterumschwungs leider nicht ganz bezwingen, aber Österreichs vierthöchsten Berg - den Großvenediger - habe ich erobert.

War dies alles nur reine Freizeitgestaltung, weil es mir großen Spaß bereitet hat? Keineswegs, denn als Belohnung erhält man etwas sehr Wertvolles: einen unverfälschten Einblick in die Seele und Schönheit des Gastlandes, der alle Anstrengungen wert ist, selbst wenn - wie in meinem Fall - Gletscherspalten, schmale Steige in großer Höhe und schweißtreibende Aufstiege damit verbunden sind.