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Lieber Akku als Brennstoffzelle

Von Kurt Baier

Gastkommentare
Kurt Baier ist Energietechniker und Unternehmer. Sein Berufsweg ging von Wasserkraftwerken über Sonnenkollektoren, Geothermie, Fernwärmenetze bis aktuell zu Biomassekesseln.
© privat

Statt der Autoindustrie sollte die Schifffahrt auf Wasserstoff setzen.


500 Millionen Euro will ÖVP-Chef Sebastian Kurz in die Wasserstoffstoffforschung investieren, er spricht von einem flächendeckenden Wasserstofftankstellennetz bis 2025, weil Europa das Elektroauto verschlafen hat. Dabei ist beim Wasserstoffauto für jeden Kilometer mindestens der zweifache Primärenergieaufwand gegenüber dem E-Auto erforderlich (siehe Tabelle), und auch die Transportkette ist aufwendiger. Eine Tankfüllung für 500 Kilometer kostet mit Strom 15 bis 20 Euro, beim Wasserstoff sind es 60 bis 90 Euro. Auch mit einer Steuerbefreiung liegt Wasserstoff weit über den 30 bis 50 Euro (inklusive 13 bis 18 Euro Mineralölsteuer), die ein Verbrennungsmotor für 500 Kilometer schluckt.

Ein weiteres Risiko: Wasserstoff mit dem kleinsten Moleküldurchmesser aller chemischen Elemente kriecht durch alle Dichtungen. Bereits bei nur gering defekten Dichtungen kann sich in einer Garage Knallgas bilden. Aber auch Tankstellen können explodieren, wie jüngst eine der rund 200 europäischen Tankstellen in Norwegen, woraufhin alle norwegischen Tankstellen umgehend gesperrt wurden.

Einziger Vorteil ist die Tankzeit

Der einzige Vorteil von Wasserstoff gegenüber Strom ist das schnelle Tanken. Ist dies wirklich erforderlich für Autos, die 20 Stunden und mehr am Tag ungenutzt herumstehen? Wer fährt wirklich täglich mehr als 500 Kilometer? Oder von der anderen Seite gesehen: Eine Zwangspause an der Tankstelle wäre für die Verkehrssicherheit und auch für die Gesundheit der Fahrer selbst kein Schaden. Für die wenigen tatsächlichen Vielfahrer steht immer noch die Hybridtechnik (Verbrennungsmotor kombiniert mit E-Motor) zur Verfügung. In Deutschland haben Staat und Autoindustrie bereits mehr als eine Milliarde Euro in die Entwicklung der Brennstoffzelle investiert. Die Autoindustrie ist ausgestiegen, weil die für ein Auto erforderliche schnelle Regelbarkeit nur mit geringem Wirkungsgrad erreichbar ist, während E-Autos ohne große Mehrkosten in der Herstellung Beschleunigungswerte unter 8 Sekunden von 0 auf 100 km/h und damit auch mehr Fahrkomfort bieten.

Für Brennstoffzelle und Wasserstoff zeichnen sich immer mehr großtechnische Anwendungen ab: etwa für die unterbrechungsfreie Stromversorgungen großer Serverfarmen oder als reduzierendes Heizgas in Hochöfen. Und Überschussstrom aus Windfarmen am Meer könnte Wasserstoff für die Hochseeschifffahrt produzieren. Gegenwärtig fahren die Hochseeschiffe mit schmutzigem Schweröl, dem Bodensatz aus den Raffinerien. Um hier dem Wasserstoff klimawirksam eine Chance zu eröffnen, müsste in den Hochseehäfen an den EU-Außengrenzen der Ölverbrauch der Hochseeschifffahrt besteuert werden.

Ohne Steuern geht es nicht

Steuern werden zur Abwehr des Klimawandels erforderlich sein. Obwohl E-Motoren deutlich energieeffizienter als Verbrennungsmotoren sind und bei Kraftwerken zur Stromerzeugung eine um ein Vielfaches bessere Abgasfilterung möglich ist als bei Verbrennungsmotoren in Autos, sehen die Vorstände in den Konzernen nur geringe Gewinnmargen in der E-Mobilität. Europas Chemiekonzerne sind noch immer nicht in die für Akkus erforderliche Lithiumchemie eingestiegen. Nur eine empfindlich hohe Besteuerung der fossilen Brennstoffe kann hier die Gewinnchancen der Unternehmen zu Gunsten des Klimas verschieben.