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Ein Gesetz, das sich gegen das Aufbrechen neuer Märkte richtet

Von Judith Maria Böhler-Grimm

Gastkommentare

Die Novelle zum Gelegenheitsverkehrsgesetz und der Umgang mit Innovation: Warum es um mehr als die zwei Seiten einer Medaille geht.


Taxis rein, Uber raus. Die Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes vereint die bisher bestehenden zwei Gewerbe - Mietwagen und Taxis - zu einem neuen "Personenbeförderungsgewerbe mit Pkw". Es übernimmt die Konzessionsvoraussetzungen für das Taxigewerbe, fixe Tarife für Transportdienstleistungen und die Taxameter nahezu unverändert.

Unzweifelhaft hat Uber in der Vergangenheit davon profitiert, dass es den strengen Regularien für das traditionelle Taxiwesen nicht ausgesetzt war. Statt durch Absenkung des Regulierungsniveaus die Taxis im Wettbewerb zu stärken, wird neuen Anbietern nun aber die Geschäftsgrundlage entzogen und somit die Innovationsverbreitung überhaupt gehemmt.

Zwar ist die Uber-induzierte Innovation primär an ein Geschäftsmodell und weniger an eine Technologie orientiert: Bestellt und bezahlt wird über eine benutzerfreundliche App, die Navigation errechnet die optimale Strecke, die Kosten sind transparent, der Fahrer kann direkt kontaktiert werden, und es gibt ein qualitätsbezogenes Review-System. Doch die Novelle richtet sich dem Grunde nach weder gegen die Unterscheidung zwischen Taxi und Mietwagen noch gegen Uber per se, sondern gegen das Aufbrechen von Märkten durch Innovatoren. Konsequenterweise würde der Geist dieser Novelle automatisiertes Fahren in Zukunft verhindern.

Die Fortentwicklung von Produkten und die Einführung neuer Produkte als Realisierung von Innovation führt zu einer Veränderung der Marktstruktur. Selbige wirkt wiederum auf die Innovationsanreize zurück. Eine regulatorische Intervention erfordert daher Informationen über Wechselwirkungen zwischen Marktstruktur und Innovationstätigkeit. Denn wird regulatorisch ohne Rücksicht auf Innovation interveniert, läuft der Gesetzgeber Gefahr, Fehler erster Art zu begehen. Als solche werden überschießende Abhilfemaßnahmen bezeichnet, die zu Wohlfahrtsverlusten führen. Viel deutet darauf hin, dass nun ein Fehler zweiter Art - der Mangel an angemessener Regulierung für das Mietwagengewerbe - durch einen Fehler erster Art ersetzt wird.

Daher sollte der von Uber ausgehende Impuls genutzt werden, das Taxigewerbe zu liberalisieren. Uber wurde als amerikanisches Geschäftsmodell auf den europäischen Markt übertragen, Lösungen für sensible Themen sind in den entsprechenden Gesetzen für arbeits- und sozialversicherungsrechtliche sowie fiskalische Materien vorzusehen. Protektionistische Maßnahmen zur Konservierung unhaltbarer Marktstrukturen sind hingegen kein Zukunftsmodell.

Judith Maria Böhler-Grimm leitet den Bereich Recht am Economica Institut für Wirtschaftsforschung.