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Der stationäre Handel hat seine beste Zeit noch vor sich

Von Gerd Marlovits

Gastkommentare

Die Technologien in den Supermärkten werden immer ausgeklügelter. Von einigen davon nehmen Konsumenten kaum Notiz.


Wer hätte vor fünf Jahren gedacht, dass der US-Onlinehändler Amazon einmal die Vorzüge des stationären Handels entdecken würde? Dessen Pilotprojekte in den USA mit Supermärkten ohne Registrierkassen mögen noch nicht ganz perfekt sein, aber sie zeigen eines ganz klar: Der stationäre Handel hat seine beste Zeit noch vor sich. Er funktioniert heute allerdings anders als früher.

Auch in Österreichs Supermärkten sind absolute Vollprofis am Werk, die noch dazu die lokalen Verhältnisse kennen. Und auch sie überlassen nichts dem Zufall: Die Gerüche, die Hintergrundmusik, die persönlichen Kundenclub-Angebote - alles ist perfekt abgestimmt, um das Einkaufserlebnis zu verbessern.

Zugleich gibt es auch Neuerungen, die stark polarisieren. Die Selbstbedienungskassen in den Supermärkten zum Beispiel. Die einen lieben sie, die anderen hassen sie, aber kalt lassen sie kaum jemanden. Oder der bargeldlose Zahlungsverkehr: Während die einen nur noch ihre Plastikarten oder Smartphones zücken, heben bargeldaffine Menschen im Foyer der Supermärkte vor ihrem Einkauf noch schnell Geld ab, um es 15 Minuten später an der Kasse wieder einzuzahlen. All das sind allerdings nur sichtbare Zeichen, wie sich der Handel sukzessive verändert.

Daneben gibt es noch Technologien im Hintergrund, von denen kaum ein Konsument Notiz nimmt, die allerdings von weit größerer Bedeutung sind. Es geht dabei um unsere Versorgungssicherheit, um volle Regale, um fehlerfreie Lieferketten. Diese Dinge würden wir nur dann vermissen, wenn sie nicht mehr da wären. Den EAN-Code zum Beispiel, ohne den weder Angestellte noch Kunden Waren scannen könnten. Mittels modernster Technik können außerdem Produktchargen entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zum Produzenten zurückverfolgt werden. Weiters tauschen die Handelsketten mit ihren noch so kleinen Lieferanten über spezielle Plattformen permanent elektronische und teils automatisierte Bestellungen, Lieferscheine oder Rechnungen aus und gleichen diese ab. Weicht die Menge im Lieferschein oder in der Rechnung vom Bestellschein ab, schlägt das System sofort Alarm. Dieser sogenannte Elektronische Datenaustausch ist heute bereits branchen- und länderübergreifend möglich und bietet enormes Potenzial.

Handelsketten könnten in Zukunft auch verstärkt dazu übergehen, die Bestellhoheit an ihre Lieferanten zu übertragen. Beim sogenannten Vendor Managed Inventory etwa tauscht der Handel mit der Konsumgüterindustrie permanent Daten aus, sodass eine optimale Bestückung in den Filialen gewährleistet wird. Lebensmittelverschwendung wird dadurch ebenso entgegengewirkt wie Regallücken (Out-Of-Stock-Situationen). Sehbehinderte Konsumenten könnten wiederum mittels Apps Zugriff auf die Produktbeschreibungen der Hersteller bekommen, um sich diese in den Supermärkten - oder auch im Online-Shop - vorlesen zu lassen.

Die Frage, wie der Supermarkt der Zukunft aussehen wird, entscheidet sich nämlich nicht im Match "Online versus reale Märkte" - denn es wird auch in Zukunft beides geben. Viel bedeutender ist die ständige Weiterentwicklung der Technologie in der Lieferkette. Diese Infrastruktur ist mittlerweile genauso wichtig für uns wie die Versorgung mit Wasser oder Strom.

Gerd Marlovits ist
Geschäftsführer von
Editel Austria.