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Die Ziele sind stimmig, doch die Umsetzung ist schwach

Von Herbert Peherstorfer

Gastkommentare
© Miriam Schwaer

Beim Bahngüterverkehr in Europa gibt es noch viel Nachholbedarf. Sind Autobahngebühren das Allheilmittel?


Bei der europäischen Güterverkehrspolitik gäbe es einige Aspekte, über die man - nicht nur mit Blick auf den Klimaschutz - dringend nachdenken sollte.

Unnötigen Verkehr vermeiden: Müssen Schweineschlegel von Deutschland nach Italien geführt werden, um dort zu Speck verarbeitet zu werden und dann wieder zurück zum deutschen Konsumenten zu gelangen? Ist die Differenz bei Know-how oder Produktivität so groß, dass sich der zweimalige Transport lohnt? Sind die Transportkosten gering genug, um die Differenz auszugleichen? Warum ist das so? Die "Zeit" berichtet, dass Kabeljau von Norwegen nach China tiefgekühlt zur Verarbeitung und wieder zurück verfrachtet wird! Hier müssten tatsächlich die externen Kosten der Verkehrsträger erfasst und in die Kalkulation einfließen, um reale Ergebnisse auch für die Klimabilanz zu erzielen.

Verkehrsverlagerung auf umweltverträglichere Verkehrsträger: Seit Jahren unterstützen die EU-Kommission und zahlreiche Mitgliedsländer die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Doch vielfach sind die infrastrukturellen Voraussetzungen ungenügend oder gar nicht gegeben. Deutsche und italienische Zulaufstrecken zu den Transitrouten sind veraltet und/oder kapazitativ nicht ausgestattet, wochen- bis monatelange Sperren für Bauarbeiten auch in Österreich zwingen den Güterverkehr auf die Straße, die Pünktlichkeit sank europaweit unter 65 Prozent. Was Wunder, dass die noch immer ausgebaute und dadurch durchlässigere Straße (mit oft niedrigeren Lohnkosten für Fahrer aus Osteuropa) siegt? Jahr für Jahr versprechen die Bahnen Abhilfe, Jahr für Jahr stehen die Spediteure und Firmen vor denselben Problemen.

Anschlussbahnen und Verladestellen wiederherstellen: Der Rückzug vieler nationaler Bahngesellschaften aus der Flächenbedienung verhindert den Direktverkehr zwischen Terminals und Ladestellen auf der Schiene und dadurch immer längere Straßenläufe. So müssten etwa vorhandene Interessenten aus dem Bereich Oberwart mangels lokaler Umschlagmöglichkeiten gut 100 Kilometer zum nächsten Terminal auf der Straße (inklusive Autobahnmaut) in Kauf nehmen und entscheiden sich dann gleich für den Gesamtweg per Lkw auf der Straße.

Organisatorischer Nachholbedarf: Es ist ein Irrtum, dass kurze Strecken auf der Bahn nicht rentabel zu bewerkstelligen wären. Sie als Zulaufstrecken mit Wagengruppen zu geeigneten Terminals zu führen und zu Grenzkosten zu verrechnen, wäre sicher eine Option. Zudem haben zumindest österreichische (teils auch regionale Privat-)Bahnen auf vielen Strecken mehr als ausreichende Kapazitäten, um wesentlich mehr Güterverkehr auf der Schiene zu Terminals zu bringen. Natürlich bräuchte es auch im Ausland entsprechende Maßnahmen, um diese Schienensendungen nicht nur in den großen Seehäfen, sondern möglichst breit annehmen zu können. Es gäbe viel zu tun, um auch ohne große Investitionen, sondern mit organisatorischen Optimierungen einen wesentlichen Beitrag zu einer effizienten Klimapolitik zu leisten.