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Ein Entwicklungsland als Vorbild

Von Roman Temper

Gastkommentare

Äthiopien hat vorige Woche an einem einzigen Tag 350 Millionen Bäume gepflanzt. Europa sollte sich daran ein Beispiel nehmen.


Genau am 29. Juli, dem diesjährigen "Welterschöpfungstag", hat Äthiopien einen neuen Weltrekord aufgestellt, der sich nicht nur sehen lassen kann, sondern ein klares Signal für die Schöpfung und für die Menschen der kommenden Generationen ist. Während wir in der "Ersten Welt" an diesem Tag bereits so "bequem" gelebt haben, dass wir die Ressourcen unseres Planeten für dieses Jahr aufgebraucht haben, wurden in Äthiopien, dem - gemessen an der Bevölkerungsentwicklung - derzeit am stärksten wachsenden Land der Welt, sage und schreibe 350 Millionen Bäume gepflanzt.

Das Projekt wird vom äthiopischen Premierminister Abiy Ahmed im Rahmen seiner "Green Legacy"-Initiative geleitet, deren vorrangiges Ziel der Kampf gegen die in Äthiopien vorherrschende Entwaldung ist (der Waldanteil in Äthiopien ist von 35 Prozent Anfang des 20. Jahrhunderts auf gerade einmal 4 Prozent in den 2000er Jahren gesunken). Es geht auch um eine verstärkte Wahrnehmung dieser Problematik in der Öffentlichkeit, auch außerhalb Äthiopiens. Weiters zielt diese Initiative auf die Schärfung des Bewusstseins für die Umweltprobleme unserer Zeit ab. Sogar öffentliche Ämter wurden an diesem Tag geschlossen, um den dort arbeitenden Staats- und Zivildienern die Möglichkeit zu geben, an diesem Projekt teilzunehmen. In Summe wurden an 1000 Orten im Land Bäume gepflanzt.

350 Millionen - eine Zahl, die unsere Vorstellungskraft bei weitem übersteigt. Alleine die logistische Leistung, die hinter diesem Projekt steht, ist bewundernswert. Gemessen an der Bevölkerungszahl Äthiopiens bedeutet dies, dass pro Einwohner etwas mehr als zwei Bäume innerhalb von 24 Stunden gepflanzt wurden. Umgelegt auf Österreich würde dies bedeuten, dass wir etwa 16 Millionen Bäume pflanzen müssten, um dieser logistischen Leistung eines Entwicklungslandes zu entsprechen. Von der dann folgenden Notwendigkeit der Pflege der Jungbäume ganz zu schweigen.

Diese Aktion rückt den Unterschied zwischen Ausbeutung und "sich die Erde Untertan machen" (Genesis 1, 28) auf eindrucksvolle Weise in den Vordergrund.

Wenn wir annehmen, dass gut 80 Bäume im Erwachsenenstadium jährlich eine Tonne Kohlendioxid binden, bedeutet das in diesem Fall, dass jährlich 4,4 Millionen Tonnen CO2 der Erdatmosphäre entzogen werden. Gepaart mit entsprechenden CO2-Einsparungsmaßnahmen ist das nicht nur ein großer Beitrag für unsere Umwelt, sondern für den "positiven Klimawandel". Doch Bäume beeinflussen das Klima auch auf andere Weise: Durch die Verdunstung über die Blattoberflächen spenden sie auch Kühlung, und nebenbei sind sie Heimat und Nahrung für viele andere Pflanzen- und Tierarten.

Und denken wir einen Schritt weiter: Was wäre, wenn sich solche Aktionen in vielen Ländern wiederholen ließen? Wenn auch die "Erste Welt" beginne würde, solche Aktionen umzusetzen? Welche Auswirkungen hätte das auf unsere Klimasituation? Und eine um wie viel bessere Welt würden wir unseren Kindern hinterlassen? Denken wir doch darüber nach, wenn wir das nächste Mal ein Plastikteil in den Müll werfen.