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Politik und Beamte: Es geht auch anders

Von Andreas Kresbach

Gastkommentare

Wenn politische Mitarbeiter ohne große Berufserfahrung routinierten Beamten die Welt erklären wollen, kann es schon schwierig werden. Viel hängt dabei von den handelnden Personen ab.


Nicht erst die eigenwillige Schelte von Beamten durch einen in die Defensive geratenen Politiker hat die öffentliche Diskussion auf das Verhältnis zwischen Politik und Beamtenschaft gelenkt. Schon die für ein funktionierendes Staatswesen ziemlich ungewöhnliche Installierung einer Beamtenregierung nach dem unerwarteten Scheitern der gestürzten Kurzzeitregierung hat die höchsten Staatsdiener in Österreich für einige Monate ins Scheinwerferlicht gerückt.

Die theoretische Rollenverteilung im Staat - hier die politische Tätigkeit der Minister- und Parteiarbeit, des Anstoßens, Verhandelns und Beschließens von Gesetzesvorhaben, dort die legistische Ausarbeitung und tägliche Vollziehung der Gesetze bis hin zur Einhaltung des Budgetprogramms - ist soweit klar. Doch dazwischen gibt es viele Querschnitte und Überschneidungen, politische Kontakte und Mitarbeit auf Seiten der Beamten und mitunter auch Fachwissen von Politikern. Dass es bei diesem sensiblen Verhältnis zu gegenseitigem Misstrauen kommen kann, zumal wenn neu in ein Regierungsamt gewählte (junge) Politiker erfahrenen hochrangigen öffentlich Bediensteten gegenüberstehen, liegt in der Natur der Sache und oft auch in jener der Personen.

Fachwissen der beamteten Mitarbeiter wertschätzen

Ob dieses aufeinander Angewiesensein in konstruktivem Miteinander, freundlichem Ignorieren oder machtbewusstem Kaltstellen gelebt wird, hängt nämlich vor allem von den handelnden Personen ab, von ihrer Team- und Konfliktfähigkeit und vom beiderseitigen Politikverständnis. Die besten Politiker haben sich meistens sehr wohl des Sachverstandes ihrer Beamten zu bedienen gewusst, diese dabei auf ihre Seite gezogen und insgesamt trotzdem ihr politisches Projekt durchgesetzt. Wenn eine an der Sacharbeit wirklich interessierte politische Ressortführung auch die Bereitschaft hat, das Fachwissen der beamteten Mitarbeiter wertzuschätzen, zu nutzen und sich vielleicht auch die eine oder andere Meinung oder Idee aus dem Ministerium selbst anzueignen, kann dies zu sehr produktiven Ergebnissen führen.

Dass Politik und Beamte auf diese Weise konstruktiv zusammenwirken können, hat der Autor dieser Zeilen, der beide Seiten (ein Kabinett und eine Fachabteilung) kennt, selbst erlebt. Als besonderes Beispiel dafür kann etwa das Kinderbetreuungsgeld gelten, das, aufbauend auf einer wissenschaftlichen Studie, ursprünglich von ministeriellen Mitarbeitern und Experten entwickelt und an den Minister herangetragen wurde. Dieser hat das Projekt dann nach eingehender interner Diskussion seiner Partei präsentiert und in das nächste Regierungsprogramm aufnehmen lassen.

Kabinette an der kurzen Leine, unduldsame junge Funktionäre

Freilich, so gut wie vor allem in kleineren Ressorts läuft es nicht immer, auch weil die jeweiligen Parteiführungen ihre Regierungsmitglieder und Kabinette zunehmend an die kurze Leine nehmen und die Gesprächs- und Diskussionskultur vor allem junger Parteifunktionäre aufgrund mangelnder Erfahrung spürbar unduldsamer wird. Wenn dann politische Mitarbeiter ohne große Berufserfahrung routinierten Beamten die Welt erklären wollen, kann es schon schwierig werden.

Dies kann auch daran liegen, dass im Gegensatz zu früher heute kaum noch Beamte für eine bestimmte Zeit in den Ministerbüros arbeiten, sondern das meistens Parteimitarbeiter sind. Da kann es schon passieren, dass Politsekretäre auch rechtlich fragwürdige Ideen auf Befehl von oben durchziehen wollen. Ausbaden müssen das dann die Beamten, die politische Verantwortung greift kaum, weil sie oft zu spät aktuell wird. Auf der Strecke bleibt meist die Qualität des Projekts, und letztlich entsteht ein Schaden für alle Seiten.

Haben schon die Beamten, außer vielleicht durch sehr gute Kontakte, kaum Möglichkeiten, sich politischen Unsinnigkeiten entgegenzustellen, wurden durch die "Message Control" in der vergangenen Regierung sogar etwaige eigene Meinungen der einzelnen Fachminister autoritär unterbunden. Auch die Einführung der Generalsekretäre in den Ministerien, die eher politische Funktionäre als oberste Beamte sein sollten, war der Versuch einer (Partei-)Politisierung des unabhängigen Spitzenbeamtentums. Dabei lebt die Qualität des Öffentlichen Dienstes gerade von möglichst parteiunabhängigen Amtsträgern.

Ressourcen des Öffentlichen Dienstes für Sacharbeit nutzen

Politiker, die glauben, alles besser zu wissen, sind meist nicht weit gekommen. Statt in den Kabinetten personal- und damit kostenintensive Parallelstrukturen aufzubauen, die ja auch nicht nachhaltig sind, sollten die mitunter wertvollen Ressourcen des Öffentlichen Dienstes zu erfolgreicher Sachpolitik genutzt werden. Die Herausforderung für gute politische Arbeit besteht darin, in der Beamtenschaft nicht nur willfährige Ja-Sager zu akzeptieren, sondern auch anderen und mitunter kritischen Stimmen Respekt und, soweit es deren Fachwissen betrifft, auch Vertrauen entgegenzubringen.

Das Führungspersonal im Öffentlichen Dienst, das heute, anders als es in manchen Beamtenklischees gezeichnet wird, eher Managementaufgaben hat, wird zwar durch die Fachminister natürlich parteipolitisch besetzt, muss jedoch - im Interesse der eigenen Sachmaterie, aber auch der Ressortmitarbeiter und jedenfalls über eine Legislaturperiode hinausblickend - in seiner Arbeit politisch viel breiter orientiert sein als die von öffentlicher Anerkennung abhängigen Politiker.