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Das Buch ist tot - es lebe das Buch

Von Werner Madl

Gastkommentare

Sind Schülerzeitschriften und Bücher ein Relikt der Vergangenheit oder ein wandelbarer Trend?


Die omnipräsente Digitalisierung zeigt überall ihre Auswirkungen: Kinder lesen heutzutage immer weniger, anstelle des Buches wird lieber zu einem elektronischen Gerät wie dem Smartphone oder Tablet gegriffen. Der frühe Kontakt mit diesen Gadgets hat dazu geführt, dass sich das Leseverhalten in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Die meisten Kinder finden mittlerweile mehr Gefallen an YouTube-Videos und Netflix als an einem Buch oder einer Zeitschrift.

Lesen ist aber ein essenzieller Baustein für die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten wie die Lern- und Sprachfähigkeit von Kindern. Außerdem regt Lesen ihre Fantasie und Kreativität an, wobei sich auch ihre Konzentrationsfähigkeit steigert. Kinder, die viel lesen und verschiedene Lesestrategien erlernen, erwerben zwischen 1500 und 3000 neue Wörter im Jahr - jene, die wenig lesen, eignen sich hingegen rund 500 Wörter im selben Zeitraum an.

Mit Smartphone und Tablet Kinder ans Lesen heranführen

Was kann man also tun, damit wieder mehr Kinder zu Leseratten werden? Soll man gegen die Faszination der Elektronik überhaupt ankämpfen, wie manche Kritiker meinen? In jedem Fall kann man sie sich in unterschiedlicher Weise zunutze machen. Smartphone und Tablet könnten doch sehr viel gezielter eingesetzt werden, um die Kinder an das sinnerfassende Lesen heranzuführen. Während sich im Erwachsenenbereich schon viele Printmedien und Verlage angepasst und ihr Print- mit dem Online-Leseangebot verknüpft haben, etwa mit Online-Portalen, E-Paper und Podcasts, ist diese Entwicklung im Kinder- und Jugendlichen-Bereich noch in den Kinderschuhen. Das sollte sich so schnell wie möglich ändern, denn die Jugend ist daran gewöhnt, digitale Medien in ihren Alltag zu integrieren.

Die Schulen gehen mit der Zeit: Tablets und digitale Bildungsangebote setzen sich da und dort in Verbindung mit analogen Unterrichtsmitteln wie Heften und Büchern auch immer mehr durch. Bildungsinstitutionen und Verlage haben den Auftrag, die Kinder auf dem Weg zur Digitalisierung von Bildungsmedien zu begleiten, deren Nutzung durch sinnvolle, spannende und aktuelle Inhalte voranzutreiben, um damit deren grundlegende Kompetenzen zu fördern. Kinder sollten mit Unterstützung von Lehrern oder Eltern in für sie sicheren und relevanten Onlineangeboten recherchieren und vergleichen, pädagogisch wertvolle Tools nutzen, Sachtexte lesen und Aufgaben lösen.

Es gibt Apps und digitale Medien, die zum Beispiel mittels Quiz das Gelesene abfragen, andere haben eine Vorlesefunktion, die sehr bereichernd sein kann, und vieles mehr. Bei uns im Bildungsmedienverlag Jungösterreich, der seit mehr als 70 Jahren unter anderem auch die Schülerzeitschriften "JÖ", "Topic" und die "Spatzenpost" in Österreich verlegt und den Schulen anbietet, setzen wir deshalb neben der Pflege und Fortentwicklung der gedruckten Medien seit einigen Jahren bereits auf die begleitende Digitalisierung unserer Angebote - zum Beispiel ab Herbst in Form von ergänzenden Digitalmagazinen.

Gedruckte Bücher und Magazine haben eine Zukunft

So wichtig die Integration von digitalen Medien und Angeboten für die kindliche Leseförderung auch ist, so sehr bin ich auch überzeugt, dass unsere Kinder noch länger von gedruckten Büchern und Magazinen begleitet werden. Eine Studie des Profiling Instituts in Deutschland hat zum Beispiel festgestellt, dass traditionelle Medien wie gedruckte Bücher noch immer die Favoriten der Kinder zwischen 4 und 13 Jahren sind. 72 Prozent der Befragten schauen mehrmals die Woche in ein Buch, eine Zeitschrift oder ein Comic-Heft. Basierend auf aktuellen Daten des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels gab es 2018 auch wieder mehr Buchkäufe, und der Umsatz stieg innerhalb der ersten fünf Monate um fast 5 Prozent.

Dies zeigt eine Gegenbewegung, die vor allem von der Jugend ausgeht. Sie hat wieder mehr Gefallen an gedruckten Büchern gefunden und bewirkt somit einen Trendwechsel. Denn das Gefühl, ein schön gestaltetes Buch oder eine Zeitschrift in den Händen zu halten, kann durch elektronische Geräte nicht ersetzt werden. Kinder können viele erforderliche Kompetenzen nur über das klassische Schreiben und Lesen entwickeln.

Daher werden sich die gedruckten Leseangebote von ihrem Inhalt und Nutzen her zum Teil verändern. Das heißt, sie werden sich weiterentwickeln - aber vorhanden werden sie auch zukünftig sein. Um der nächsten Generation die Sinnhaftigkeit und Bedeutsamkeit des Lesens nahezubringen, sollte ihr Leseinteresse gestärkt werden. Ganz egal, ob das bedeutet, ein Buch oder eine Zeitschrift aufzuschlagen und zu lesen oder dafür ein technisches Gerät in die Hand zu nehmen. Schlussendlich ist das Wichtigste, dass der Spaß und das Interesse am Lesen nicht verloren gehen.