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Die Zukunft des Hauses der Geschichte

Von Heinz Fischer

Gastkommentare

Dem Museum ist es bereits im ersten Jahr seiner Existenz gelungen zu zeigen, dass es eine Lücke schließt.


Es hat lange gedauert, bis es in der Zweiten Republik zum Beschluss über einen Nationalfeiertag gekommen ist. In den ersten Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, hatte (fast) niemand ein Interesse daran. Erst nach dem Abschluss des Staatsvertrages im Mai 1955 begann eine Diskussion über einen österreichischen Nationalfeiertag. Schließlich beschloss der Ministerrat im Jahr 1956 über Antrag des Unterrichtsministers, den 26. Oktober in den Schulen zum "Tag der Fahne" zu machen, um die Bedeutung dieses Tages (erster Tag in voller Freiheit nach Abzug des letzten Besatzungssoldaten und Beschlussfassung über das Neutralitätsgesetz) entsprechend hervorzuheben; es war aber noch kein Staats- oder Nationalfeiertag.

Erst am 25. Oktober 1965 beschloss der Nationalrat ein Gesetz, mit dem der 26. Oktober zum Nationalfeiertag erklärt wurde. Zwei Jahre später, am 28 Juni 1967, wurde (gegen die Stimmen der FPÖ) beschlossen, diesen Nationalfeiertag auch zu einem gesetzlichen arbeitsfreien Feiertag zu machen. Es war also eine lange und schwierige Geschichte mit Happy End.

Jahrelange Diskussionen bis zur Realisierung

Eine lange und schwierige Geschichte ist auch jene des Hauses der Geschichte in Wien. Jahrelang wurde diskutiert, ob ein Haus der Geschichte für Österreich wichtig ist oder nicht. Welcher Zeitraum der österreichischen Geschichte erfasst werden sollte, wo es untergebracht werden soll, wer es leiten soll etc. Erst als sich das Jahr 2018 näherte, also jenes Jahr, in dem die Republik Österreich ihren 100. Geburtstag feierte und außerdem der 80. Jahrestag des "Anschlusses" an Nazi-Deutschland zu beklagen war, entstand jene Schubkraft, die es ermöglichte, das Projekt eines Hauses der Geschichte in zentraler Lage in Wien - wenn auch leider in stark verkleinertem Umfang - durchzusetzen und das Haus der Geschichte rund um den 100. Geburtstag der Republik im November 2018 feierlich zu eröffnen. Bei dieser Gelegenheit wurden auch erfreuliche Ankündigungen und Zusagen für die weitere Entwicklung des Hauses der Geschichte gemacht. Diese gilt es einzulösen und umzusetzen.

In einer letztlich sehr kurzen Gründungs- und Aufbauzeit von nur 18 Monaten ist es dem Museum gelungen, eine spannende Ausstellung über die jüngsten 100 Jahre der österreichischen Geschichte aufzubauen. Pro Monat besuchen mehr als 8000 Menschen das Museum, nehmen an museumspädagogischen Programmen teil oder besuchen eine der vielen interessanten Diskussionsveranstaltungen oder Buchpräsentationen wie zuletzt über den Vernichtungsort Maly Trostinec im heutigen Weißrussland nahe Minsk, wo auch Angehörige der Familie meiner Frau Margit unter den nahezu 10.000 jüdischen Österreichern waren, die dort ermordet wurden.

Vorige Woche sah ich in Innsbruck zu meiner Freude im Haus der Musik die Wanderausstellung "Nur die Geigen sind geblieben. Alma und Arnold Rosé", die vom Haus der Geschichte in Wien konzipiert und realisiert worden war. Es ist schön, dass die Aktivitäten dieses neuen zeitgeschichtlichen Museums bis nach Tirol und weit darüber hinaus reichen: Nächste Station der Ausstellung wird in London sein.

Stabile Planungsgrundlagen für die Zukunft schaffen

Dem Haus der Geschichte Österreich als Museum, Ort politisch-historischer Bildung und Diskussionsforum ist es bereits im ersten Jahr seiner Existenz gelungen zu zeigen: Dieses zeitgeschichtliche Museum schließt eine Lücke, und damit bringt sich die Republik Österreich endlich in eine europäische Museumslandschaft ein, die in anderen Ländern längst als demokratiepolitische Notwendigkeit erkannt wurde. Dennoch ist die aktuelle Situation dieser wichtigen Bildungseinrichtung, die vor allem auch jungen Menschen die Bedeutung der Demokratie vermittelt, derzeit noch sehr prekär. Es braucht mehr Platz und mehr Budget, um den guten Weg, der begonnen wurde, fortsetzen zu können. Die Fortsetzung der Wahrung der wissenschaftlichen Unabhängigkeit dieser Institution ist unverzichtbar.

Es wäre zu wünschen, dass die künftige Bundesregierung - welche Zusammensetzung sie auch immer haben wird - die Verbesserung der Lage des Hauses der Geschichte Österreich zu einem ihrer wichtigsten kulturpolitischen Projekte erklärt und stabile Planungsgrundlagen schafft. Schließlich begehen wir am 27. April 2020, also in sechs Monaten, den 75. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Österreichs: ein guter Anlass, sich stolz, aber auch selbstkritisch einer konstruktiven Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit zu stellen. 75 Jahre nach der Befreiung Österreichs von der NS-Diktatur muss eine entsprechende geschichtspolitische Haltung zum unverhandelbaren Bestandteil österreichischer Identität gehören. Das Haus der Geschichte leistet dazu einen wesentlichen Beitrag.

Wenn es also in jüngster Zeit relativ still um Pläne für die Fortsetzung und Erweiterung der Tätigkeit des Hauses der Geschichte geworden ist, dann hoffe ich, dass dies Ausdruck einer schöpferischen Stille ist und nicht von Mutlosigkeit und Desinteresse.