In den USA hat eine Konferenz des Peterson Institute for International Economics, die kürzlich am Rande der IWF-Jahrestagung in Washington stattfand, eine heftige Kontroverse um die Besteuerung von Vermögen ausgelöst. Gabriel Zucman und Emanuel Saez von der Universität Berkeley fordern zur Beseitigung der Schieflage des US-amerikanischen Steuersystems, die sie in ihrem neuen Buch "The Triumph of Injustice" diagnostizieren, eine Vermögensteuer für Superreiche. Harvard-Professor Larry Summers dagegen bezweifelt, dass diese funktionieren kann: Mit Verweis auf die negativen Erfahrungen in Europa, wo die Vermögensteuer fast überall abgeschafft worden sei. Diese vor allem in den sozialen Netzwerken ausgetragene Debatte ist nun nach Europa herübergeschwappt.

Der renommierte Ökonom und Macron-Berater Jean Pisani-Ferry hat sich überraschend für eine Vermögensteuer als die beste Option zur Begrenzung der in vielen Ländern gestiegenen Vermögensungleichheit ausgesprochen. Überraschend deshalb, weil Ökonomen eine progressive Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte kombiniert mit einer Erbschaftssteuer tendenziell besser als eine Vermögensteuer finden. Denn diese würde durch Steuervermeidung unterlaufen und sei zudem administrativ aufwendig.
Pisani-Ferry verweist darauf, dass die Besteuerung von Erbschaften in der Bevölkerung, anders als bei Ökonomen, sehr unbeliebt sei. Daher setze sich die Politik, gegen jegliche ökonomische Vernunft, nur zögerlich für Erbschaftssteuern ein. Solle daher - wofür einiges spräche - Vermögen stärker besteuert werden, dann eben in Form einer Vermögensteuer. Für Österreich wie für die acht anderen EU-Länder, die keine Erbschaftssteuer mehr erheben, ist diese Diskussion sehr relevant: Ebenso für alle EU-Länder außer Spanien, in denen es keine Vermögensteuer (mehr) gibt.
Nicht nur in Österreich und Deutschland wird diskutiert, ob und wie Vermögen stärker besteuert werden soll. Allerdings sollte die historische Entwicklung der Vermögensteuer in Europa die europäischen Regierungen eines gelehrt haben: Diese Form der Besteuerung hoher Vermögen hat ohne eine viel intensivere internationale Zusammenarbeit der Steuerbehörden keine Zukunft. Eine Erbschaftssteuer ist dagegen gut durchsetzbar. Und sie würde angesichts der beträchtlichen Ungleichverteilung von Vermögen und Erbschaften auch dann signifikante Einnahmen erzielen, wenn sie nur auf sehr hohe Erbschaften erhoben würde.
In Ländern wie Österreich, wo die Abgaben insgesamt relativ hoch sind, hat die als wachstumsverträglich betrachtete Erbschaftssteuer einen weiteren Vorteil: Sie könnte im Rahmen einer aufkommensneutralen Abgabenstrukturreform zur Senkung der hohen Abgaben auf Arbeit beitragen. Aktuelle experimentelle Studien zeigen übrigens, dass die Akzeptanz einer Erbschaftssteuer bei der Bevölkerung mit der Informiertheit über Höhe und Verteilung von Erbschaften und deren Bedeutung für Chancengleichheit steigt.