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Vieles spricht für ein positives Aktienjahr

Von Ingrid Szeiler

Gastkommentare
Ingrid Szeiler leitet als Chief Investment Officer das Fondsmanagement der Raiffeisen KAG.
© Raiffeisen

Was wird 2020 an den Kapitalmärkten bringen? Historische Vergleiche sollten bei den Anlegern für Zuversicht sorgen. Da und dort lauern freilich dennoch Risiken.


Mit Kursanstiegen bei globalen Aktien von - aus derzeitiger Sicht - mehr als 22 Prozent wird es das Jahr 2019 in die Top 10 der vergangenen 50 Jahre schaffen. Wenn Aktienfonds stark angestiegen sind, reagieren viele Anleger aber nicht mit Zuversicht und neuen Einmalerlägen, sondern mit Zurückhaltung. Haben die Märkte denn noch Potenzial? Steigt man so nicht zu einem schlechten Zeitpunkt ein? Muss jetzt nicht irgendwann der große Abschwung kommen? Diese und ähnliche Fragen plagen besorgte Anleger.

Historisch gesehen sind solche Befürchtungen allerdings unbegründet. Nach besonders guten Jahren kamen in drei Viertel der Fälle weitere gute Jahre. Nur ein einziges Mal in den vergangenen 50 Jahren folgte auf ein besonders gutes Aktienjahr ein großer Absturz - nämlich im Jahr 2000. Historische Vergleiche sprechen also für ein positives Aktienjahr 2020. Und die Analyse der Einflussfaktoren kommt zum gleichen Ergebnis. Hier ist zunächst die Politik zu nennen. Der Brexit war bereits zuletzt nicht mehr marktbewegend und wird es auch 2020 nicht sein. Viel wichtiger ist der Blick in die USA, wo im November die Präsidentschaftswahl geschlagen wird. Um seine Chancen zu erhöhen, wird Amtsinhaber Donald Trump alles für eine starke Wirtschaft und einen steigenden Aktienmarkt tun. Vor allem wird er den Handelskrieg nicht weiter eskalieren lassen. Im Gegenteil, es sind in den nächsten Monaten diesbezüglich konziliante Töne zu erwarten, wie etwa die Verschiebung geplanter Zölle, was sich positiv auf das Geschäftsvertrauen auswirken wird.

Rezessionsängste werden dadurch weiter sinken. Die Inflation und die Zinsen werden unterdessen niedrig bleiben und die Unternehmen weiterhin gut verdienen. Somit ist das Umfeld für Aktien gut, was durch die angespannte Bewertungssituation bei manchen Alternativveranlagungen noch verstärkt wird. Allerdings könnte das Jahr von einer spürbaren Korrektur eingeleitet werden, die dann gute Kaufgelegenheiten eröffnen würde.

Negative Überraschungen
aus den USA sind möglich

Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed, erklärte Ende November, das Glas der US-Wirtschaft sei mehr als nur halb voll und der Leitzins auf genau dem richtigen Niveau. Auf dem US-Geldmarkt wird seit wenigen Wochen ebenfalls keine unmittelbare Zinssenkung mehr eingepreist. Bei Raiffeisen sind wir bezüglich des Ausblicks der USA vorsichtiger und halten negative Überraschungen für möglich. Vor allem Vorlaufindikatoren, die auf Umfragen basieren, deuten auf ein unter Potenzial liegendes Wirtschaftswachstum hin, und damit wäre auch eine weitere Zinssenkung aus unserer Sicht durchaus realistisch.

2019 als emissionsstärkstes Jahr der Geschichte bei
Unternehmensanleihen

Mit einem Brutto-Emissionsvolumen von bisher 330 Milliarden Euro werden wir das emissionsstärkste Jahr der Geschichte des Euro Investment Grade Corporate Bond Markets hinter uns bringen. Technische Unterstützung liefert mittlerweile auch wieder die EZB, die zuletzt pro Woche knapp eine Milliarde Euro an Unternehmensanleihen erworben hat. Im Euro High Yield Segment erwarten wir in den kommenden Monaten ein leichtes Ansteigen der Ausfallsrate und ein dadurch bedingtes negativeres Sentiment.

Emerging-Markets-Anleihen: Die Datenlage stabilisiert sich weiter

Die Spread-Anstiege auf dem Markt für Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen waren im November im Wesentlichen "nur" auf eine Schwäche bei problembehafteten argentinischen und ecuadorianischen Anleihen zurückzuführen. Der Rest des Marktes entwickelte sich vergleichsweise gut. Unabhängig von länderspezifischen Themen hat sich unserer Meinung nach die allgemeine Datenlage in den Schwellenländern zuletzt stabilisiert, und die Einkaufsmanager Indizes zeigen keinen weiteren Verfall an.

Entwickelte Aktienmärkte konnten deutlich zulegen

Die entwickelten Aktienmärkte konnten in den vergangenen Wochen deutlich zulegen. Die Hoffnung auf eine Entspannung beim Handelskonflikt sorgte in Kombination mit vereinzelten vorsichtig optimistischeren Konjunkturdaten für Unterstützung. Dem gegenüber steht das negative Bild bei den Gewinndaten. Die Gewinnwachstumsraten für das Jahr 2019 sind mittlerweile nur noch leicht positiv (zum Teil sogar negativ), und die Gewinnrevisionen sind unverändert negativ.

Aufwärtstrend bei den Aktienmärkten in Schwellenländern

Mittlerweile ist bei der Gewinnentwicklung von Emerging-Marktets-Aktien ein Aufwärtstrend zu erkennen, der vor allem vom asiatischen Raum getragen wird. Damit scheint der Gewinnrückgang, der seit Anfang 2018 angehalten hat, beendet zu sein. Dennoch haben sich Schwellenländer-Aktien im Vergleich zum entwickelten Aktienraum weiter verschlechtert. Einmal mehr gilt: "The trend is your friend." Und der geht eindeutig neuerlich in Richtung US-Aktien. Der zyklische Rebound muss sich daher verbreitern, um Schwellenländer-Aktien wirklich befeuern zu können. Damit heißt es vorerst weiter warten.

Rohstoffmärkte bewegen
sich ohne klaren Preistrend seitwärts

Die internationalen Rohstoffmärkte bewegen sich seit Monaten ohne klaren Preistrend seitwärts. Politischen Risikofaktoren stehen schwächere Nachfrageaussichten (schwächere Konjunkturdaten in den vergangenen Monaten) gegenüber. Im Bereich der Edelmetalle haben sich die Zuflüsse fortgesetzt. Der Richtungsschwenk der internationalen Notenbanken wirkt hier maßgeblich unterstützend.