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Wo bleiben die Kinderrechte?

Von Eva Maria Bachinger

Gastkommentare
Eva Maria Bachinger ist freie Journalistin und Autorin.
© Aleksandra Pawloff

Es fehlt an Bewusstsein für die Betroffenen der Reproduktionsmedizin.


Zu Weihnachten blickt die Christenheit auf das Kind im Stall. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass wir heuer 30 Jahre Kinderrechtskonvention gefeiert haben. Alle Staaten der Erde - mit Ausnahme der USA - haben sie prinzipiell anerkannt, und der Ratifizierungsprozess ist weit vorangeschritten. Seit dem Beschluss hat sich vieles verbessert, etwa der Zugang zur Bildung und zu medizinischer Versorgung. Doch vieles liegt noch im Argen. Ein Bereich, in dem selten in erster Linie an die Rechte und Bedürfnisse von Kindern gedacht wird, ist die Reproduktionsmedizin. In einem Bereich, wo es ums Kinderkriegen geht, ist es wesentlich zu fragen, inwiefern hier die Rechte und Bedürfnisse der Betroffenen gewahrt sind, in erster Linie jene der Kinder.

Das Bewusstsein dafür scheint aber kaum vorhanden zu sein: Vor vier Jahren wurde in Österreich das Fortpflanzungsmedizingesetz novelliert, mit weitreichenden Änderungen wie etwa der Freigabe der Eizellenspende. Doch auf das versprochene Datenregister von Samen- und Eizellenspendern warten wir noch immer. Damit wäre das in der Kinderkonvention verbriefte Recht auf Kenntnis der Herkunft besser gesichert als derzeit, wo sich suchende Jugendliche an private Kliniken wenden müssen, die in vielen Fällen nicht kooperieren.

Kürzlich meinte bei einer Tagung eine Frauenärztin, das Kinderrecht solle natürlich gegeben sein und anonyme Keimzellenspenden sollten europaweit verboten sein, aber es müsse auch klar sein, dass es dann weniger Samen- und Eizellenspender geben werde. Und? Ja, dann ist es eben so. Keimzellenspendern muss klar sein, dass aus ihrer Spende Menschen entstehen werden, die nach Entstehung und Herkunft fragen könnten und ein Recht auf Kontaktaufnahme haben. Menschenrechte wurden nämlich zwar für alle geschaffen, aber selbstverständlich sind die Schwächeren mehr zu schützen als die Stärkeren - und in dieser Konstellation sind das wohl in erster Linie die Kinder und nicht die Erwachsenen.

Dann gibt es Medizinpsychologinnen, die verneinen, dass auch eine "altruistische" Leihmutterschaft Kinderhandel sei. Der Begriff "altruistisch" ist längst zur Floskel geworden. Denn genau dieser Bereich hat eine ungeahnte Kommerzialisierung erfahren. Bei all angeblich hehrer Selbstlosigkeit werden selbstverständlich hohe "Aufwandsentschädigungen" gezahlt.

Die Kinderrechtskonvention sowie ein Zusatzprotokoll verbieten den "sale of children" prinzipiell, egal zu welchem Zwecke. Bei Leihmutterschaftsverträgen, in denen ein Kind zu einer Art Objekt degradiert wird, wo der Großteil des vereinbarten Honorars oder der "Aufwandsentschädigung" erst ausgezahlt wird, wenn ein Kind - selbstverständlich ein nicht-behindertes, gesundes Kind - "geliefert" wird, kommt es zu einem Verkauf. Außerdem ist die genetische Mutter nicht so einfach von der leiblichen Mutter zu trennen, da ein Kind auch während der Schwangerschaft von der austragenden Frau epigenetisch geprägt wird.

Es ist äußerst befremdlich, wenn solche Thesen von Expertinnen aufgestellt werden, die zu Themen wie Bindung und Stress forschen. Es sagt aber viel über den Status von Kinderrechten in Zeiten von Machbarkeit und Konsum aus.