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Die Suche nach dem Kinderarzt

Von Barbara Fruhwürth

Gastkommentare
Barbara Fruhwürth ist seit sechs Jahren Vorsitzende des Katholischen Familienverbands Wien und Mutter von drei erwachsenen Kindern. Im Hauptberuf ist sie Steuerberaterin.
© Katholischer Familienverband Wien/Franz Helmreich

Manches im Wiener Gesundheitssystem läuft nicht rund.


Gesunde Kinder, lebhaft, fröhlich, interessiert, mit Freude an der eigenen Beweglichkeit. So soll’s sein, und Studien bestätigen, dass gesunde Kinder auch als Erwachsene weniger Probleme haben. Es ist also in unserem Interesse, die Startvoraussetzungen der nachfolgenden Generation so gut wie möglich zu gestalten. Wie sieht die Realität aus? Übergewicht und Bewegungsmangel bei Kindern sind keine seltenen Phänomene, psychische Probleme beeinträchtigen bereits das Leben der Allerkleinsten. Und wenn wirklich etwas passiert, kann es vorkommen, dass Eltern vor verschlossenen Klinik-Türen stehen. Die vorübergehende Schließung der Kinderabteilung des Krankenhauses Floridsdorf aufgrund von Personalmangel zeigt, dass im Wiener Gesundheitssystem manches nicht rund läuft. Im Notfall wird selbstverständlich jeder kleine Patient behandelt; aber wie sieht es mit scheinbar so banalen Fragen aus, ob es einen zeitnahen Termin bei einem Logopäden gibt oder wie lange man auf die ärztliche Verordnung von Schuheinlagen wartet? Wer nicht genug Geld hat, um womöglich auf einen Wahlarzt auszuweichen, hat hier ziemlich schlechte Karten. Da heißt es oft lange warten - und Warten ist gerade in der Gesundheitsvorsorge keine Option.

Wenn uns die Gesundheit der Kinder am Herzen liegt, sollten die Verantwortlichen möglichst schnell handeln. Heute gibt es weniger Kinderärzte als vor zehn Jahren; gleichzeitig wuchs die Wiener Bevölkerung um rund 200.000 Personen, und die Geburtenrate steigt (glücklicherweise) wieder an. Da tut sich ein spürbarer Spalt auf, und nötige Verbesserungen werden meist durch Schönreden auf die lange Bank geschoben.

Alle Kinder verdienen eine optimale medizinische Versorgung, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Das beginnt bei guter Präventionsarbeit und endet noch lange nicht bei der Akutversorgung im Spital. Der Mutter-Kind-Pass war ein sozial- und gesundheitspolitischer Meilenstein. Was hindert uns, ihn auszubauen und dem heutigen Wissenstand anzupassen? Elternschulungen rund um kindergesundheits- oder auch pädagogische Themen würden den Austausch mit anderen Eltern ermöglichen und hätten sehr wahrscheinlich positive Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaft. Es ist heute nicht selbstverständlich, dass Eltern von Neugeborenen die vorgeschriebenen Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen bei einem niedergelassenen Kinderarzt durchführen lassen können. In vielen Ordinationen herrscht strikte Aufnahmesperre, und das Suchen nach einem Arzt gleicht einer modernen Herbergssuche. Wäre es möglich, eine Online-Terminbuchung etwa für Kinderärzte, Physio-, Ergotherapeuten, Logopäden etc. zu erstellen? Dies würde vielen betroffenen Eltern frustrierende Vertröstungen und Absagen ersparen.

Und nicht zu vergessen den Spießrutenlauf, den Eltern behinderter Kinder vor sich haben. Zentrale Anlaufstellen, die die Mütter und Väter in finanziellen, psychologischen und medizinischer Angelegenheiten kompetent beraten, wären eine unglaubliche Hilfe in einer für alle Beteiligten belastenden Situation. Gesundheit für alle - das wird wohl ein Traum bleiben. Aber die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit darf in einem der reichsten Länder der Welt nicht von der Geldbörse abhängen.