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Die anthropogene Erderwärmung

Von Rudolf Bretschneider

Gastkommentare

Der angebliche wissenschaftliche Konsens zum Klimawandel macht skeptisch - und neugierig.


"Wenn alle das Gleiche denken, wird nicht viel gedacht", sagte Karl Valentin. Wenn das stimmt, verläuft die Medienberichterstattung zum Klimawandel recht gedankenarm. Immer wieder hört und liest man: "Die Wissenschaft ist sich einig . . .", ". . . es besteht Konsens, dass . . . die Erderwärmung durch den Menschen und die Zunahme des (bösen) CO2 verursacht wird . . . der Meeresspiegel meterhoch ansteigen wird" und es fast schon zu spät für die "Umkehr" ist. Vom Weltklimarat und den Klimaforschern der UNO-Gründung IPCC wird die Verringerung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen als (fast) einzige Möglichkeit verkündet, um "das Klima zu retten".

Der angebliche wissenschaftliche Konsens in Fragen des Klimawandels macht skeptisch und neugierig zugleich. Klimawandel besteht von jeher: von Warmzeit zu Eiszeit und zurück. Aber Einigkeit in der Wissenschaft ist selten - außer in totalitären Staaten. Zwar weiß man, dass staatliche Fördersysteme, Gruppendruck und Festhalten an gewohnten Forschungsparadigmen (zum Beispiel an jenem von der menschengemachten Erderwärmung) zu einem Gleichklang in der öffentlichen Diskussion führen können; aber abweichende Theorien und Analysen sind immer nötig - schon um Sackgassen zu vermeiden. Freilich werden Vertreter anderer Auffassungen im gegenständlichen Fall rasch und teils recht brutal als "Klimaleugner", "fossile Eliten", "Knechte der Ölindustrie" oder einfach als Anhänger einer "bösen" politischen Gruppierung diffamiert. Auch Behinderungen bei Publikationen, Ausschluss von Begutachtungsverfahren etc. soll es gegeben haben.

Eine alte und notwendige Frage

Dennoch stellt sich auch beim anthropogenen Modell des Klimawandels die alte und notwendige Frage, die schon der Naturforscher Georg Christoph Lichtenberg (1742 bis 1799) stellte: "Ist das wirklich die einzige Art, dieses zu erklären?" Erste Bemühungen, etwas über den Klimawandel, seine Ursachen und mögliche Folgen zu erfahren, bringen vermischte und verwirrende Befunde. 2015 sei das wärmste Jahr gewesen, das es je gegeben habe, sagte der damalige US-Präsident Barack Obama. Und: "Die Debatte ist entschieden."

Natürlich sagen Menschen mit "Erdgeschichtsbewusstsein", ein Klimagleichgewicht habe nie geherrscht; das Klima konstant halten zu wollen, sei eine Illusion. Die heutige Erwärmung sei bedrohlich, so die einen. Sie mache rund 1 Grad Celsius über die vergangenen 100 Jahre aus, so die anderen. Außerdem habe es in diesem Zeitraum auch Unterbrechungen der Erwärmung gegeben (zwischen 1945 und 1975). Von einem meterhohen Anstieg des Meeresspiegels reden die Warner, von 2 Millimeter Zuwachs pro Jahr jene, die an alte und neue Messtechnik und weniger an Modellsimulationen glauben. Und dann gibt es noch jene Skeptiker, die eine Weltdurchschnittstemperatur für statistischen Unfug halten.

Ja, und dann ist da noch die Frage, was bisherige und künftige Temperaturveränderungen antreibt: das CO2, das unter anderem als Treibhausgas wirkt? Der Mensch als CO2-Produzent? Oder beeinflussen andere Veränderungen den Temperaturwechsel? Verursacht etwa gar die Erwärmung den steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre, und der menschliche Anteil daran entpuppt sich als zu vernachlässigende Größe (wie das Geologen sehen)? Frei nach Johann Nestroy könnte man sagen: "Es scheint alles ganz klar. Das Problem ist nur, man kennt sich alle Augenblick net aus." Dennoch kristallisieren sich durch Fachlektüre ein paar Dinge heraus.

Zunächst: Die Debatte ist mitnichten entschieden. In Ländern wie Österreich hat sie allerdings noch kaum begonnen, und auch in Deutschland versucht man, sie zu verdrängen oder als Verschwörungstheorie zu stigmatisieren. Ja, den Klimawandel gibt es. Zur Zeit des Römischen Reichs und zwischen 950 und 1250 nach Christus war es sehr wahrscheinlich deutlich wärmer als heute, dafür gab es zwischen dem 15. und dem Anfang des 19. Jahrhunderts eine "kleine Eiszeit". Klimaforscher, die die Einmaligkeit der heutigen Entwicklung beweisen wollen, glätten derartige Veränderungen in den Daten. Auch relativ schnelle Temperaturanstiege sind kein Phänomen des 21. Jahrhunderts, sondern können an alten Eiskernen und Seeablagerungen nachgewiesen werden.

Erkenntnisse der Erdgeschichte bringen überhaupt mache Dinge in den Blick, die Forscher, die die Klimaentwicklung nur durch Computersimulationen analysieren, geflissentlich übersehen. Sie gehen beharrlich von einer ganz zentralen Rolle des CO2 bei den Temperaturveränderungen aus: Bei einer Verdopplung des CO2 in der Atmosphäre (0,04 Prozent) komme es zu einem berechenbaren Anstieg der oberflächennahen Temperatur (Klimasensitivität). Die Werte für diese variieren je nach Forschungsansatz außerordentlich stark; auch nimmt man implizit an, dem CO2-Anstieg folge der Temperaturanstieg. Das ist aber offensichtlich nicht zwangsläufig der Fall - zwischen 1940 und 1975 gab es trotz steigendem CO2-Gehalt der Atmosphäre einen Temperaturrückgang. Und noch peinlicher: Viele Modellrechnungen des IPCC zeigten eine klare Differenz zwischen beobachteten (gemessenen) und via Modell errechneten Temperaturen. Normalerweise verwirft man ein Modell, das die bekannte Realität nicht abbildet. Noch dazu, wo andere Analysen zu deutlich niedrigeren Treibhauseffekten für CO2kommen.

Ursache und Folge

Vor allem sind es die Untersuchungen an sogenannten Eisbohrkernen, an denen die großen Aufeinanderfolgen von Temperaturanstieg und CO2-Konzentration abgelesen werden können; diese Eisbohrkerne - einer aus der Antarktis erschließt die vergangenen 420.000 Jahre - legen folgende Kausalität nahe: Die Temperaturveränderung ist eine Ursache, und die CO2-Konzentrationsveränderung ist unter anderem die Folge dieser Temperaturveränderung. Erwägen die IPCC-Forscher das alles nicht? Ist das möglich? Die Frage führt in die Labyrinthe der hoch dotierten Forschungspraxis, auf die auch führende Klimaforscher und ehemalige Mitarbeiter des IPCC immer wieder hinweisen: In den gängigen Modellen gehe es eben darum, den menschengemachten Klimawandel herauszuarbeiten. Dass bei den periodischen Temperaturveränderungen Folgen von Sonnenaktivitäten und kosmischer Strahlung (Wolkenbildung) eine Rolle spielen könnten, ist nicht Gegenstand der gängigen Forschung beziehungsweise Modellrechnungen.

Infolge der unsicheren Modellrechnungen ist es hoch an der Zeit (aber vielleicht zu spät), sich von der Fixierung auf eine Ursache namens "menschengemachte CO2-Emissionen" zu lösen. Es besteht durchaus die Gefahr, dass man das Pferd von hinten aufzäumt und vernünftigere Investitionen hintanstellt. Zumindest sollte man bescheidener in den Behauptungen sein: Wenn man die massiven Klimawechsel der Erdgeschichte nicht hinreichend erklären kann, wieso glaubt man dann, die Minimalverschiebungen der vergangenen 100 Jahre genau zu verstehen - und das trotz wiederholtem Scheitern der eigenen Prognosen?

Eine andere Sichtweise

Nein, die Debatte ist eben nicht zu Ende. In den Niederlanden finanziert das Ministerium für Infrastruktur eine Dialogplattform für Klimaforscher mit unterschiedlichen Standpunkten. Bedeutende Naturwissenschafter und Klimaforscher mit IPCC-Erfahrung stufen die Rolle und Wirkung von CO2 deutlich anders ein als der Weltklimarat. Unerschrockene Altpolitiker wie Helmut Schmidt kritisierten seinerzeit (2011) Forschungspraktiken des IPCC und sprachen sogar von "Betrügereien". Es brauchte Jahre, bis die Techniken bei den Modellrechnungen teilweise offengelegt wurden (etwa bei "Data-Tuning", was man mit "Daten frisieren" übersetzen kann).

Was, wenn wieder ein alternatives Forschungsparadigma an Boden gewinnt: Dass die Sonnenaktivitäten, kosmische Strahlung und die damit verbundene Wolkenbildung die Treiber der Temperatur sind? Dass der tatsächliche menschliche Anteil am gesamten CO2-Kreislaufprozess eher irrelevant ist? Dass Erwärmung und CO2-Anreicherung auch Chancen bieten (die Erde wird dadurch grüner)? Was immer das CO2 "tut" (oder nicht) - es zu bekämpfen, ist höchstwahrscheinlich verlorene Angstmüh. Dass es wärmer wird, ist realistisch, und sich darauf einzustellen, ist auch vernünftig. Es ist immer sinnvoll, sich um die Reinhaltung von Luft, Boden und Wasser zu kümmern, in Baum- und Pflanzenschutz zu investieren, in neue und boreale Wälder, in Energieeffizienz, in große Wasserreservoirs, ins "Grünen der Erde", in den Schutz vor Überflutungen, in sichere Bauformen, in die Verhinderung von Müll und vor allem in "Schools for Future"; in denen Naturwissenschaft und Mathematik und wissenschaftliche Grundsätze vermittelt werden.

Und am Rande sei noch auf die Tatsache verwiesen, dass auch die Eispolarkappen auf dem Mars derzeit schmelzen. Marsmännchenschuld?