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Quo vadis SPÖ?

Von Silvia Grünberger

Gastkommentare
Silvia Grünberger ist Managing Partner von Rosam Grünberger Change Communications und berät ihre Kunden bei der strategischen Positionierung in Wirtschaft, Politik und Medien. Von 2002 bis 2013 war sie Nationalratsabgeordnete der ÖVP.
© Ian Ehm

Was kommt nach der Burgenland-Wahl: Bobo oder Hackler?


Das Leiden an der parteipolitisch organisierten Sozialdemokratie gehört mittlerweile zur Grundausstattung jedes echten Roten. Aber es steht wirklich nicht gut um die Sozialdemokratie in Europa. In vielen Ländern sind die einst stolzen Genossen auf dem Weg von einer Volkspartei zur Splittergruppe. Die Suche nach Rezepten gegen den Absturz geht oft einher mit der Frage nach dem richtigen Kurs: weiter nach links oder klar in der Mitte? Da ist jedem sozialdemokratischen Sieg(er) Aufmerksamkeit garantiert.

Der erste große Wahlsieger in Österreich im Jahr 2020 ist Hans Peter Doskozil. Der rote Landeshauptmann des Burgenlandes hat Platz eins nicht nur verteidigt, er hat das schon hohe Ergebnis seines Vorgängers noch verbessert und die absolute Mehrheit geholt. In einer Direktwahl hätten laut Sora 56 Prozent für ihn als Landeshauptmann gestimmt.

Wie wurde er zum Siegertyp? Er musste sich kein Image zulegen oder antrainieren. Doskozil war einfach Doskozil: klare Kante und klare Sprache, die die Menschen ohne Wörterbuch oder Studien der Politikwissenschaft verstehen. Sein Profil als Verfechter einer geordneten Migrations- und Asylpolitik pflegte er schon lange vor der Wahl. Und hier ist er als Ex-Polizist und Krisenmanager von 2015 glaubwürdig und konsequent. Dass er mit seinen eindeutigen Ansichten dabei oft quer zum - oft unklaren - Kurs der Bundespartei lag, hat ihm mehr genutzt als geschadet. Denn seine Authentizität hat eigene Anhänger mobilisiert und auch mehr als ein Drittel der FPÖ-Wähler von 2015 zur SPÖ geholt. "Ob linke Eliten gut finden, was wir machen, ist mir wurscht. Wir brauchen kein Elitendenken, wir sollten mit Hausverstand die notwendigen Dinge für die Bevölkerung regeln." 100 Prozent Doskozil führten zu 50 Prozent der Stimmen. Wer in der Krise ist, sollte auf seine Siegertypen achten.

Nun ist eine Landtagswahl stets auch ein Stimmungstest für den Bund und folgende Landtagswahlen. Vom Burgenland ist es nicht weit nach Wien, zumindest geografisch. Bürgermeister Michael Ludwig wird den Triumph seines Parteifreundes intensiv beobachtet haben. Ein erdiger Kandidat mit klarer Sprache und festen Positionen siegt gegen den Bundestrend der Partei. Kann er mit dem gleichen Rezept wie Doskozil gewinnen? Eine klare Positionierung in Migrations- und Integrationsfragen ist für Ludwig riskanter als für Doskozil. Die Wiener SPÖ ist hier gespalten, Ex-Kanzler Werner Faymann kann davon ein Mai-Lied singen. Dennoch bleibt die Migrationsfrage für die SPÖ eine Gretchenfrage. Sie wird in Wien eine klare Position finden müssen, will sie bisherige ÖVP- und besonders FPÖ-Wähler (zurück)gewinnen. Ludwig muss also abwägen, ob er mit mehr Doskozil Teile der eigenen Partei - besonders in den Innenbezirken - verärgert und Wähler zu den Grünen treibt oder mit klarer Kante am Stadtrand punktet. Zugespitzt lautet die Frage: Bobo oder Hackler?

Weitere Erkenntnisse aus der Burgenland-Wahl: Bei Landtagswahlen stärken die Wähler starke Amtsinhaber. Sie sehen populäre Amtsinhaber zunehmend weniger als Parteivertreter, sondern als ihre Landesvertreter. Und es lohnt sich, Nachfolger aufzubauen und ihnen schrittweise die Arena zu überlassen. Dieses seltene Kunststück ist nach Erwin Pröll nun auch Hans Niessl geglückt.

Der vorliegende Text ist auch auf www.leadersnet.at erschienen.