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Mit Hainburg das Klima retten?

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Wenn wirklich das E-Auto die Verbrenner ablösen soll, wird das nicht nur mit Sonne, Wind und Liebe gehen.


Umweltaktivisten in Polen demonstrieren neuerdings für Atomkraftwerke - und noch dazu für deutsche Atomkraftwerke. Denn mit jedem Meiler, der in Deutschland im Zuge der sogenannten "Energiewende" vom Netz genommen wird, argumentiert etwa Urszula Kuzcynska von der polnischen "Fota-4-Climate"-Bewegung, steigt der CO2-Ausstoß, weil die Deutschen dann eben Kohlestrom importieren müssen - oft aus Polen. Damit sind die polnischen Klimaschützer intellektuell deutlich redlicher als die meisten ihrer westlichen Glaubensbrüder und -schwestern, die ja auch die klimafreundliche Nutzung der Kernenergie zum Behufe der Stromerzeugung ablehnen.

Dabei wäre es Staaten wie Deutschland, aber auch in Österreich, längst an der Zeit, die fundamentale Ablehnung der Atomenergie gründlich zu evaluieren und gegebenenfalls zu entsorgen. Denn wer es ernst meint mit dem vollkommenen Ausstieg aus der kohlestoffbasierten Energiegewinnung, der wird langfristig nicht ohne Kernkraftwerke auskommen, um auch in Zeiten der "Dunkelflaute" genug Energie bereitstellen zu können, wenn dann irgendwann einmal Millionen E-Autos umherflitzen.

Da und dort wankt die Ablehnungsfront ohnehin schon ein wenig. Die Berliner Kanzlerpartei CDU etwa hat erst jüngst in einem Positionspapier beschlossen, "Projekte (...) zu kleinen modularen Reaktoren" sollen "ergebnisoffen" geprüft werden. Nur neun Jahre, nachdem die CDU den Atomausstieg beschlossen hat, deutet das auf eine mögliche Wende von der Wende hin. Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hält ein Comeback der Atomkraft in Deutschland für "denkbar".

Gut trifft es sich da, dass der britische Rolls-Royce-Konzern gerade eine Art von kleinen, modularen Kernkraftwerken entwickelt, wie sie in dem CDU-Papier genannt werden, die preiswert und sicher Städte mit Strom versorgen könnten, wenn die Sonne streikt und der Wind nicht bläst. Schon in fünf Jahren sollen die ersten davon auf den britischen Inseln in Betrieb gehen.

Auch in Österreich trifft man gelegentlich Politiker, die dergleichen für zumindest überlegenswert halten - solange ihnen strikte Anonymität zugesagt wird. Denn die Ablehnung der Kernkraft hat hierzulande schon längst religiöse Züge angenommen, mit Ketzern kennt dieses Milieu nicht die geringste Gnade. Dass sie nicht auf der Stelle am Scheiterhaufen verbrannt werden, liegt ausschließlich am CO2-Ausstoß dieses Verfahrens. Und ein gefestigter Glaube lässt sich auch nicht von technologischen Neuerungen wie inhärent sicheren Kernkraftwerken erschüttern, sogar der Klimawandel hilft da rein gar nichts.

Österreich stehen freilich auch andere Möglichkeiten offen, langfristig viel sauberen Strom für E-Autos zu produzieren. Die Gegend um Hainburg etwa eignete sich vorzüglich für ein leistungsstarkes Wasserkraftwerk, die vergilbten Pläne dürften ja noch in irgendeiner Schublade herumliegen. Das würde zwar den Auhirsch und die Lurche im Naturpark wenig freuen. Aber hey, jetzt, wo die halbe Welt brennt und "Klimanotstand" herrscht, da kann man sich doch nicht um alles kümmern. Mit Hainburg das Klima retten, das hätte schon was.