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Ein Schuss ins eigene Knie?

Von Daniel Spichtinger

Gastkommentare
Daniel Spichtinger ist unabhängiger Spezialist für EU-Forschungspolitik. Von 2012 bis 2018 arbeitete er als Sachbearbeiter bei der Generaldirektion Forschung und Innovation (DG RTD) der Europäischen Kommission.
© Antoine Lemonnier

Österreichs Haltung zum EU-Budget gefährdet den Forschungsstandort Österreich und die Position Europas in der Welt.


Dass die EU Spitzenforschung fördert, ist in der österreichischen Bevölkerung nahezu unbekannt. Dabei ist Österreich eines der erfolgreichsten EU-Länder, wenn es um das Einwerben von Fördermitteln aus dem EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020 geht. Laut der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG haben heimische Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und öffentliche Institutionen seit 2014 über eine Milliarde Euro lukriert. Das beschert Österreich einen Platz unter den Top 3 in Europa!

Fast hätte es aus Brüssel gute Nachrichten für die europäische Forschung gegeben. Der Vorschlag der Europäischen Kommission für den EU-Haushalt 2021-2027 sah eine geringfügige Erhöhung des Gesamtbudgets und eine modernere Verteilung vor: Ausgaben für ausgewählte Bereiche der Gemeinsamen Agrarpolitik sollten sinken, für Forschung, Innovation, Klimaschutz, Migration und Außenpolitik waren Erhöhungen vorgesehen. Das neue Forschungsrahmenprogramm, Horizon Europe, sollte mit knapp 100 Milliarden Euro ausgestattet werden. Eine signifikante Erhöhung im Vergleich mit Horizon 2020, das mit 77 Milliarden dotiert war.

Diese hochfliegenden Pläne der Kommission laufen derzeit Gefahr, unter die Räder der Einzelinteressen der EU-Mitglieder zu geraten. Österreich unterstützt zwar offiziell die Forschungsförderung und betont deren Wichtigkeit, lehnt aber anderseits jegliche Aufstockung des EU-Gesamthaushaltes ab. Nachdem viele Mitgliedsstaaten außerdem die von der Kommission geplanten Kürzungen der Landwirtschafts- und Regionalförderungstöpfe ablehnen und zusätzlich die britischen Beiträge ins EU-Budget größtenteils ausfallen werden, sieht es derzeit so aus, als wären Kürzungen für Horizon Europe mehr als nur wahrscheinlich.

Doch die negativen Auswirkungen dieser geplanten Kürzungen sollten nicht unterschätzt werden: Da eine geringere Ausstattung von Horizon Europe nicht ausreichend ist, um die ehrgeizigen Ziele des Programms zu finanzieren, wären Verteilungskämpfe zwischen den verschiedenen thematischen Programmlinien vorprogrammiert. Weiters würden sich die Kürzungen ganz konkret auf die Chancen österreichischer ForscherInnen auswirken, EU-Mittel zu lukrieren. Denn bereits jetzt können gute Projektideen oft nicht gefördert werden, weil zu wenig Geld vorhanden ist. Zu guter Letzt würde weniger Geld für Horizon Europe bedeuten, dass die Europäische Union noch weniger in der Lage wäre, sich im Bereich Spitzenforschung und Innovation im Vergleich mit anderen Regionen zu behaupten, was wiederum Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit Europas hätte.

Noch ist Zeit, diese Fehlentwicklungen aufzuhalten: Eine Entscheidung über das EU-Budget soll in einer Sondersitzung des Europäischen Rates am 20. Februar fallen. Schon aus Eigeninteresse wäre Österreich gut beraten, seine Opposition zu moderaten Beitragserhöhungen zu überdenken.

Eine Langfassung des Textes ist als Policy Brief der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) erschienen: www.oegfe.at/policybriefs