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In der Krise Marktlücken füllen

Von Martin Puaschitz und Claudia Strohmaier

Gastkommentare

Rasch realisierbare Geschäftschancen sollten jetzt genutzt werden. Digitale Lösungen sind jetzt gefragter denn je.


Nachdem persönliche Kontakte eingeschränkt wurden, kommunizieren wir mit unseren Klienten bevorzugt per Smartphone oder Business-Messenger. Derzeit drehen sich viele Anfragen um Antragstellungen beim Finanzamt, Stundung der Fälligkeit bei der Sozialversicherung sowie um öffentliche Förderungen und Kredithilfen und andere Liquiditätsmaßnahmen. Wir empfehlen, im zweiten Schritt sofort die Strategieplanung in Angriff zu nehmen, denn niemand weiß, wie lange das schwierige Umfeld anhalten wird.

Bei vielen Menschen geht wegen dem Coronavirus die Angst um. Bei einigen Supermärkten betragen die Lieferzeiten bis zu zwölf Tage. Das sind Marktlücken, die Unternehmen nutzen können. Wenn sich die Menschen jetzt daran gewöhnen, dass man Lebensmittel sehr bequem online bestellen kann, hat das großen Einfluss auf die Zukunft. Auch für kleine Unternehmen gibt es rasch realisierbare Vertriebswege, bei denen kein persönlicher Kontakt zwischen Kunden und Geschäftsinhabern nötig ist: Eierautomaten, Brotautomaten oder die Zustellung von Gemüsekisterln gehören da beispielsweise dazu. Wenngleich diese Vertriebsformen für die breite Versorgung der Gesamtbevölkerung eine eher untergeordnete Rolle spielen, sollten Unternehmen jede kreative Chance nutzen.

Hohes Vertrauen und direkter Kontakt

Bei einer vor wenigen Monaten durchgeführten Umfrage unter Unternehmensberatungskunden wurden auch das hohe Vertrauen und der direkte Kontakt besonders gelobt. Nun wird die Berufsgruppe zeigen, dass auch mittels rein elektronischer Kommunikation eine ausgezeichnete Betreuung möglich ist.

Wir sind derzeit bevorzugt damit beschäftigt, die Fixkosten der Unternehmen zu analysieren, Liquiditätspläne zu erstellen und Strategiepläne zu entwerfen. Eine der Grundweisheiten, um kurzfristig rasch zu flüssigen Mitteln zu kommen, ist etwa die rasche Eintreibung offener Forderungen beziehungsweise im Gegenzug die Bezahlung der Verbindlichkeiten möglichst lange hinauszuzögern. Die Senkung der Fixkosten ist zwar ein Gebot der Stunde, es geht aber auch darum, die guten Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Da die Möglichkeit von Kurzarbeit nicht für alle Branchen in Frage kommt, sollten Unternehmen auch alle Maßnahmen zum Abbau von Urlaub und angelaufene Überstunden nutzen.

Mutig in die digitale Zukunft

Unternehmensberatung und IT-Dienstleister haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam. Doch bei genauerem Hinsehen stehen beide Berufsgruppen ganz klar für Veränderung. Noch nie zuvor hat sich das so deutlich gezeigt wie jetzt. Die IT-Dienstleister beispielsweise haben derzeit alle Hände voll zu tun, um für die Unternehmen die individuell beste digitale Infrastruktur bereitzustellen, damit die Angestellten und Führungskräfte optimale Voraussetzungen für ihr Homeoffice vorfinden. Eine Arbeitsform, die bis vor kurzem in den meisten Unternehmen noch verpönt war, sichert schlagartig Österreichs Büroangestellten die berufliche Existenz. Statt persönlichem Händeschütteln stehen tägliche Videokonferenzen auf der Tagesordnung. Unternehmen erkundigen sich plötzlich über sichere Speichermöglichkeiten in der Cloud und erfahren zuweilen erst jetzt davon, dass es nicht zuletzt dank der Ö-Cloud-Initiative auch ausgezeichnete heimische Lösungen gibt. Mitarbeiter und Führungskräfte suchen im Internet auf einmal nach Business Messengern, erarbeiten Richtlinien für den optimalen Workflow oder lassen sich bei IT-Dienstleistern über individuelle Lösungen beraten. Gestiegene Nachfrage erzeugt in der Regel eine noch intensivere Forschungs- und Entwicklungstätigkeit und in weiterer Folge entsteht auch ein noch besseres und breiteres Angebot. Zahlreiche Unternehmen werden die Vorzüge dieser neuen digitalen Zeitrechnung in Zukunft gar nicht mehr missen wollen.

Externe Unternehmensberatung übernimmt in der aktuellen Situation eine ganz besondere Rolle. Im ersten Schritt geht es natürlich darum, die Unternehmen bei der Sicherung der Liquidität oder bei den Beihilfen-Ansuchen zu unterstützen. Extrem wichtig ist es aber auch – trotz der angespannten Lage – möglichst alle Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, denn diese sind in der Regel optimal auf die Bedürfnisse des Betriebs geschult und es wäre schade, dieses Know-how gehen zu lassen. Neben der Option zur Kurzarbeit spielt dabei in vielen Berufen auch die zuvor skizzierte Telearbeit eine große Rolle. Mindestens genauso wichtig aber ist die Zukunftsplanung – und zwar sowohl die kurzfristige, als auch die langfristige, bei der den Unternehmensberatern eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Im Handel beispielsweise werden derzeit viele Sparten schlagartig dazu gezwungen, sich über alternative Vertriebsformen Gedanken zu machen. Sei es nun über die Aufstellung von Automaten für Konsumgüter oder dem Auf- oder Ausbau des Online-Vertriebs. Und auch hier kommen wieder die IT-Dienstleister mit ihrem digitalen Know-how ins Spiel. Allerdings müssen die Unternehmensberater dafür sorgen, dass alle Rädchen an denen nun gezwungenermaßen gedreht werden muss, ineinandergreifen und das Gesamtkonzept stimmig ist. Passt das Geschäftskonzept noch zur Vertriebsform? Sind die bisherigen Abläufe noch kompatibel mit Homeoffice? Ein planloses Aufbrechen in die Zukunft kann dann genauso fatal enden, wie wenn ein Unternehmen die digitale Entwicklung verpasst.