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Die Pflege wurde als systemrelevante Branche erkannt

Von Roland Nagel

Gastkommentare
Roland Nagel ist Pflegeexperte und Politologe, Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger.
© privat

Was in diesem hochprofessionellen, anspruchsvollen Beruf in Zukunft nicht vergessen werden sollte.


Selbstverständlich sind die nun getroffenen Maßnahmen wegen das Coronavirus notwendig und richtig. In einer Pandemie wird die Bedeutung von qualifiziertem Pflegepersonal augenscheinlich. Aber wagen wir einen Blick in die Zeit danach, in der politische Entscheidungsträger verstärkt wahrnehmen, was wirklich wichtig ist.

Es geht nicht darum, in einer Ausnahmesituation unangebrachte Forderungen zu stellen, sondern einen konstruktiven Blick in die Zukunft zu werfen. In jeder Krise liegt bekanntlich eine Chance. Diese Tatsache möge die Profession der Pflege als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen nachhaltig nutzen. Gerade in herausfordernden Zeiten wird deutlich sichtbar, wo sich die systemrelevanten Arbeitskräfte befinden. Ganz vorne im Einsatz die unermüdlich und professionell agierenden Pflegekräfte, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und mehr als ein unüberhörbares Dankeschön verdienen.

Schon seit langer Zeit sind die Baustellen in der Pflege bekannt. Die Rahmenbedingungen sind zu verbessern und die Bezahlung in einem ersten überfälligen Schritt in allen Pflegesettings bei gleicher Qualifikation anzugleichen.

Die Pflege ist ein hochprofessioneller, anspruchsvoller Beruf mit Sinn und Stabilität. Wir werden alle pflegerischen Professionisten brauchen. Eigenständiges Arbeiten und damit die Möglichkeit der vermehrten Selbstständigkeit als Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, die eigene Leistungspakete abrechnen kann, ist deutlich zu befördern. Hier muss sich auch angesichts der Ressourcenknappheit endlich etwas bewegen. Was für andere Berufsgruppen möglich ist, kann für die Pflege nicht blockiert bleiben.

Auch die Kompetenzbereinigungen zwischen Bund und Ländern und die politische Idee "Mobil vor Stationär" sind zwei wesentliche Punkte, die nach der Corona-Krise sofort anzugehen sind. Ein rasches Beenden der strukturellen Behinderung von diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen, die bis heute eine Weiterverordnung von Medizinprodukten in der Praxis nicht umsetzen können, ist gerade jetzt indiziert. Hier gibt es nach vier Jahren des Inkrafttretens des Berufsrechts noch immer keine praktisch anwendbare Lösung. Gerade jetzt wäre die Umsetzung dringend indiziert, um unnötigen Wegzeiten und Folgeschäden zu vermeiden, pflegende Angehörige zu entlasten und auch unsinnige Krankenhaustransporte einzudämmen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Corona-Krise gemeinsam bewältigen werden. Gleichzeitig darf ich meiner Hoffnung Ausdruck verleihen und dafür plädieren, die hier skizzierten Problemstellungen in der Pflege nicht auf die lange Bank zu schieben.

Ohne die Dramatik der Gegenwart und die beachtlichen Leistungen aller beteiligten systemrelevanten Personen zu übersehen, kann die gegenwärtige Krise auch als Chance für ein stärkeres Bewusstsein beitragen, um klarzumachen, wo finanzielle Investitionen sinnvoll sind und wie bedeutsam hervorragend ausgebildetes Pflegepersonal in allen Pflegesettings tatsächlich sind. Denn die Pflege hat Wert - jetzt und in Zukunft.