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Eine Solidarabgabe in der Corona-Krise

Von Peter Rosner

Gastkommentare
Peter Rosner war a.o Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien. In diesem Jahr erschien sein Buch "Reden wir über Ökonomie", Verlag Metropolis, in dem er eine Einführung in die Ökonomie bietet.
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Es geht nicht nur um Gerechtigkeit. Es geht auch um ein makroökonomisches Problem.


Die geplanten Erhöhungen der Ausgaben des Staates sind notwendig. Das Ziel, dass die Unternehmen die Krise überleben können, ist sinnvoll. Es wird hier vorgeschlagen, einen Teil der zusätzlichen Staatsausgaben durch eine vorübergehende zusätzliche Steuer auf die höheren persönlichen Einkommen zu finanzieren. Das wird helfen, das drohende sehr hohe Budgetdefizit etwas zu reduzieren, und schafft Spielraum für die Zeit danach.

Höheres Einkommen - das bedeutet in diesem Kontext: die oberen 50 Prozent. Wer im Jahr 2020 zumindest 30.000 Euro brutto verdient haben wird, hat wahrscheinlich eine etwas höhere Qualifikation mit entweder einem festen Arbeitsplatz oder durch eine kurze Periode der Arbeitslosigkeit nicht viel verloren. Personen mit höherem Einkommen haben auch eher die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, als die anderen. Sie sind daher weniger gefährdet.

Das trifft sicher auf die meisten Beschäftigten des öffentlichen Bereichs zu, auf viele Pensionisten mit früher gutem Einkommen, auf die meisten Beschäftigten der Banken und Versicherungen und auch auf andere große Unternehmen. Ein Verkäufer in einem Lebensmittelsupermarkt hat einen derzeit sicheren Arbeitsplatz. Bei Textilgeschäften gilt das nicht. Die Musikerinnen und Musiker der großen Orchester werden vielleicht einen Teil ihres Einkommens durch die Krise verlieren, aber sie bleiben in ihren Positionen. Für jene, die in einer der vielen privaten Musikschulen unterrichten, bedeutet diese Krise hingegen eine existenzielle Bedrohung. Eine zusätzliche Steuer als Solidarabgabe ist den Ersteren zumutbar.

Eine solche Steuer kann sicher nicht die ganzen zusätzlichen Ausgaben decken. Die Steuern auf die Einkommen der Haushalte bringen ungefähr 35 Milliarden Euro. Das entspricht der Höhe des Hilfspakets der Regierung, also der geplanten zusätzlichen Ausgaben. Aber wenn man diese Einnahmen des Staates um 10 Prozent erhöht, so ist es etwas leichter. Das Budgetdefizit wird nämlich als Anteil am BIP stark steigen. Nicht nur, weil die Ausgaben steigen, sondern auch, weil das BIP sinken wird.

Das Budgetdefizit wird auch vergrößert durch Verluste, die die staatlichen Unternehmen durch die Krise erleiden. Eine geringere Zahl von Personen wird mit der Eisenbahn fahren, und auch der Gütertransport wird zurückgehen. Die Kosten können nur wenig gesenkt werden. Ähnliches gilt für die regionalen Transportunternehmen. Die Verbundgesellschaft und die regionalen staatlichen Elektrizitätswerke werden davon betroffen sein. Stillstehende Industriebetriebe brauchen kaum Strom.

Es geht nicht nur um Gerechtigkeit. Es geht auch um ein makroökonomisches Problem. Die kommende Höhe der Staatsschuld wird jenseits aller Vorstellungen selbst sehr ausgabenfreudiger Politiker sein. Es wird daher sehr hohen Druck bezüglich einer Senkung der Staatsschulden geben. Die Chance auf eine Ausweitung des Bildungssystems, des Umweltschutzes und anderer wichtiger Ziele wird geschmälert. Eine Solidarabgabe auf die Einkommen kann das Problem nicht lösen, aber zumindest reduzieren.