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Personalabbau ist kein Allheilmittel

Von Simon Pecher

Gastkommentare
Simon Pecher ist Geschäftsführer und Partner bei Pecher & Partner Management Consulting in Wien (www.pecher-partner.com).
© privat

Die Potenziale liegen heute in Eigenmotivation und Zusammenhalt.


Nach der großen Weltwirtschaftskrise ab 1929 und dem darauffolgenden Weltkrieg begann die Wirtschaft stark zu wachsen. Ab den 1950er Jahren sprossen Betriebe aus dem Boden, Mitarbeiter wurden der Reihe nach eingestellt. Mein Großvater, Friseurmeister in Oberösterreich, begann 1948 mit zwei Stühlen und einer Hilfskraft - 1965 beschäftigte er schon mehr als zehn Mitarbeiterinnen, und der Betrieb wuchs weiter. Das ist das typische Bild der Entwicklung eines Betriebes der Nachkriegsjahre. Im Unterschied zu heute gab es damals keine Personalberechnungen. Eingestellt wurde, wer arbeiten konnte.

Was hat sich verändert? Nach den goldenen 1970er Jahren erfand man die sogenannten Zeitstudien. Man stellte sich neben Arbeiter, um zu messen, wie viel Zeit sie für jede Tätigkeit brauchen durften. So wurden Mitarbeiterbedarfe berechnet. Was war die Folge? Es kam zu regem Personalabbau in den großen Industriebetrieben, in den folgenden Jahrzehnten auch in den KMU. Diese Vorgehensweise war aus Sicht der Wirtschaft durchaus nachvollziehbar. Es war natürlich auch dem zunehmenden Automatisierungsgrad geschuldet, dass weniger menschliche Arbeitskraft nötig wurde.

Der Arbeitsmarkt wird Arbeitgeber-dominiert sein

Machen wir nun einen Zeitsprung in die 2010er Jahre: Althergebrachte Berater versuchten immer noch, über Berechnungsmethoden Personalkapazitäten abzubauen, um Einsparungspotenziale zu ermitteln. De facto hat sich die Wirtschaft im Vergleich zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dahingehend verändert, dass es kaum noch einen Job gibt, der nicht höchst automatisiert und effizient gestaltet ist. Klar gibt es noch Betriebe, die da und dort zu viele Personen einsetzen, diese hatten aber bereits in der Vergangenheit Schwierigkeiten. Und jetzt in der Corona-Krise steigt die Arbeitslosigkeit massiv an.

Wie geht es nach der Krise weiter? Es ist davon auszugehen, dass jeder nicht effiziente Arbeitsplatz, nach der Krise nicht mehr existieren wird. Während bis vor kurzem noch Hochkonjunktur herrschte und es die allgemeine Schwingung in Richtung Freizeit, Selbstverwirklichung und maximal 30-Stunden-Woche gab, wird nach der Krise die Einstellung zur Arbeit anders sein. Niemand wird mehr davon sprechen, dass 40 Stunden krank machen könnten. Der Arbeitsmarkt wird Arbeitgeber-dominiert sein. Doch wie lang wird das anhalten? Werden wir alle so gebeutelt sein, dass jeder nur noch froh ist, überhaupt arbeiten zu dürfen? Manche mögen sich das vielleicht so vorstellen. Doch der Wunsch ist der Vater des Gedankens. So wird es wohl nicht dauerhaft laufen.

Was ist also in Zukunft der Schlüssel zu effizientem Arbeiten? Der Mensch ist immer dann hochmotiviert, wenn er mit mehr Einsatz mehr erreichen kann. In Zeiten des Aufbaus spielen Arbeitszeit und -ausmaß keine große Rolle. Man hat ein Ziel, das man erreichen will. Junge Eltern schlafen kaum, weil sie ihr Neugeborenes versorgen. Und das tun sie gern. Menschen schuften Wochenende für Wochenende auf der eigenen Baustelle, um sich ein gemütliches Eigenheim zu schaffen.

Aber was hat das mit der Wirtschaft zu tun? Der Schlüssel zu effizienter Arbeit heißt heute nicht mehr Druck ausüben, sondern Eigenmotivation. Es ist die Aufgabe eines modernen Managers, seine Mitarbeiter an der richtigen Stelle einzusetzen und allen die Möglichkeit zu geben, von der eigenen Leistung zu profitieren. In Europa herrscht die Meinung, profitieren würden ohnehin nur "die Großen". Hier fehlt die Einstellung, dass nur profitable Firmen auch Mitarbeiter beschäftigen können. Um dem entgegenzuwirken, müssen die Beschäftigten am Erfolg teilhaben.

Ich setze auf das Modell der Mitarbeiterbeteiligung. Das Motto ist nicht, jedem ein tolles Gehalt zu zahlen, nur weil er oder sie eine gute Ausbildung hat. Erfolgsbeteiligung bedeutet, Berg- und Talfahrt mitzumachen. Arbeitnehmer brauchen ein fixes Grundgehalt, das sie nach unten hin absichert, aber dem Unternehmen in schlechten Zeiten auch Raum zum Überleben gibt.

Alle Mitarbeitern sollen profitieren

Wir werden gerade nach der Krise sehen, dass nur jene Unternehmen unbeschadet davonkommen, die vorher genug Reserven aufbauen konnten. Wovon letztlich auch wieder deren Mitarbeiter profitieren. Es muss ein adäquates Lohniveau geben, von dem man bei schlechtem Geschäftsgang noch leben kann, das es aber Betrieben ermöglicht, in guten Zeiten nicht nur Boni an Manager zu zahlen, sondern alle Beschäftigten entsprechend am Ergebnis zu beteiligen. In meiner Laufbahn als Unternehmensberater habe ich viele Firmen gesehen, die das seit Jahren erfolgreich betreiben. Das Resultat: motivierte Mitarbeiter, kaum Burnout, weniger Krankenstände und zugleich sehr gute Ergebnisse.

Leider sind Veränderungen immer schwer anzunehmen, und so herrscht noch bei vielen die Meinung vor: "Des hamma vor zehn Joah scho probiert, hot net funktioniert, dann hammas lass’n." Gute Berater versuchen heute nicht blind Personal einzusparen, um dem Management Verbesserungen zu verkaufen. Erfolgreiche Leute suchen nach Möglichkeiten, für alle einen Mehrwert zu schaffen. Nur so geht es nach der Krise gut weiter.•