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Die neue Normalität nach Covid-19

Von Nina Lagron

Gastkommentare
Nina Lagron ist Head of Large Cap Equities bei La Française. Die Fondsmanagerin war davor unter anderem bei Amundi, Gemway Assets und Fortis Investments tätig.
© La Française

Die aktuelle Krise wird der Turbo für eine umfassende Digitalisierung sein.


Unser Leben, unsere Freizeitgestaltung und die Wirtschaft werden sich verändern. Die Welt wird nach der Covid-19-Krise nicht mehr dieselbe sein. Von diesen Veränderungen werden manche Sektoren und Unternehmen mehr profitieren als andere. Was wir in der aktuellen Krise mit persönlicher Abschottung und Abstandsregeln erleben, kann zum neuen Normal unseres täglichen Lebens nach der Covid-19-Pandemie werden.

Heute ist der Schulunterricht im Krisenmodus - morgen kann digitales Lernen der neue Standard sein. Digitales Spielen ist heute schon eine der bedeutendsten Freizeitaktivitäten. E-Sports steht kurz davor, olympisch zu werden. Aktivitäten verlagern sich immer mehr von draußen nach innen in eine digitale und virtuelle Welt. Hyperscaler, Anbieter von Rechenzentren und von Software für Kommunikationsinfrastrukturen, Cybersicherheit und Streaming-Unternehmen sowie Anbieter von Online-Unterricht und Spielen können nicht nur Hauptprofiteure der gegenwärtigen Einschränkungen sind. Sie sind in einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung, die biologische Risiken zukünftig minimieren und managen will, unabdingbar. Wenn heute Online-Sprechstunden bei Hausärzten aus der Not heraus eingeführt werden, können sie morgen ein integraler Bestandteil unseres modernen Gesundheitssystems sein.

Die aktuelle Krise wird sich nachhaltig auf die Arbeitswelt auswirken. Viele Unternehmen sind durch die neue Situation zu fast 100-prozentiger Heimarbeit gezwungen. Wir lernen im Crashkurs, dass es andere Wege der Zusammenarbeit und Kommunikation gibt. Homeoffice, Videokonferenzen, Chats und Online-Seminare werden ein Bestandteil der neuen Normalität nach Covid-19 sein. Wir werden das Gelernte nicht vergessen und auch Vorteile in einer dezentralen Arbeitsweise sehen. Sobald sich der aktuelle Modus Operandi in der Krisenzeit als widerstandsfähig erwiesen hat, könnten Unternehmen es ihren Mitarbeitern als grundsätzliche Option anbieten, räumlich flexibel zu arbeiten. Software-Unternehmen, Cloud-Anbieter, Rechenzentren oder Unternehmen für Cybersicherheit werden ein erhebliches langfristiges Wachstum verzeichnen.

Auch die Umstellung des gesamten Unterhaltungssektors auf digitale Anwendungen wird beschleunigt: Downloads von Büchern, Podcasts, der Hörbuchmarkt und natürlich das Streamen von Filmen haben massiven Rückenwind. Der eingeschlagene Trend der vergangenen Jahre wird sich verstärken. Es ist zu erwarten, dass ein erheblicher Anteil der neuen Streaming-Abos nach der Krise nicht gekündigt wird, da Bequemlichkeit und Benutzerfreundlichkeit überwiegen.

Die gegenwärtigen Einschränkungen ermöglichen ein beeindruckendes Echtzeit-Experiment für eine umfassende Digitalisierung aller Lebensbereiche. Wir lernen, uns zu unterhalten, zu arbeiten, zu konsumieren und zu bilden, ohne die eigenen vier Wänden zu verlassen. Was bestimmte gesellschaftliche Gruppen - gerne als "Nerds" bezeichnet - schon leben, wird die neue Normalität für alle. Davon werden Firmen profitieren, die bereits auf Vernetzung setzen. Die aktuelle Krise wird der Turbo der Digitalisierung sein.