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Privatanleger: mehr Bedrohungen als Chancen

Von Wilhelm Rasinger

Gastkommentare
Wilhelm Rasinger ist ist kritischer Anlegervertreter, Aufsichtsrat und Vater von fünf Kindern.
© Doris Kucera

Die Nominalwerte bescheren privaten Anlegern und Sparern einen Realverlust.


Erste Schritte einer Normalisierung lassen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die enorm gestiegenen Staatsschulden und die starken Belastungen einzelner Branchen sowie die hohe Zahl der Arbeitslosen und Kurzzeitbeschäftigten den Politikern, den Wirtschaftsexperten und der Bevölkerung nicht leicht lösbare Sorgen bereiten. Die privaten Anleger und Sparer sind zu Recht verunsichert. Es gibt keine eindeutigen Antworten auf die Fragen, wie lange die Niedrigzinsphase dauern und wie sich die Inflation entwickeln wird. Es kann aber als fast sicher angenommen werden, dass die Nominalwerte ihnen weiter einen Realverlust (Verzinsung minus Kapitalertragssteuer minus Inflationsrate) bescheren werden. Bleibt es bei 1 bis 2 Prozent jährlich oder wird es mehr? Weniger wird es sicher nicht.

Davon abgekoppelt war der Immobiliensektor. In den vergangenen zehn Jahren kam es bei Mieten und Kaufpreisen zu kräftige Steigerungen. Der Leerstand bei Wohnungen und Einfamilienhäusern in attraktiven Lagen mit guter Ausstattung stieg, weil es wirtschaftlich vernünftiger war, auf weitere Preissteigerungen zu spekulieren, da durch die minimalen Finanzierungskosten und geringen laufenden Betriebskosten kein Druck entstand. Eine signifikante Erhöhung der seit mehr als vierzig Jahren nicht mehr valorisierten Grundsteuer würde ebenso wie Zurückhaltung der Banken zu einem Umdenken führen. Der Kauf von Immobilien setzt Know-how voraus und sollte in erster Linie nur für den Eigenbedarf überlegt werden.

Immobilienaktien mussten Kursverluste von mehr als einem Drittel hinnehmen, aber die Zukunftsaussichten sind weniger mit Risiko behaftet als bei exportorientierten Unternehmen mit einer Abhängigkeit von der Automobil- und Flugzeugindustrie oder bei Banken, die den Wirtschaftseinbruch besonders unangenehm zu spüren bekommen. Auch bei den Energieversorgern wie Verbund und EVN sowie beim Logistikunternehmen Post und bei der Telekom kann eine stetige Dividende erwartet werden.

Es ist mehr als problematisch, wenn ausländische Fluglinien mit Argumenten wie Infrastrukturunternehmen, österreichische Identität, Erhalt von Arbeitsplätzen beziehungsweise Standortgarantie, Abschluss eines Kollektivvertrags beziehungsweise staatlicher Einfluss mit hohen dreistelligen Millionenbeträgen subventioniert werden sollen. Es wäre Aufgabe der Europäischen Union, durch die Einführung einer Kerosinsteuer die Rückführung der Beihilfen zu ermöglichen und eine dringend notwendige Redimensionierung des ökologisch problematischen Flugverkehrs umzusetzen. Eine deutsch-österreichische Lösung mit einer Beteiligung und Einfluss an der Lufthansa ist überlegenswert und ein wichtiger erster Schritt zu einer europäischen Perspektive. Lufthansa-Aktien sind derzeit günstig zu kaufen.

Es gibt bessere Möglichkeiten, Geld einzusetzen, um den Wirtschaftsstandort zu stärken, als die sinnlose Billigfliegerei und Massentourismus mit minimaler Wertschöpfung sowie die Konkurrenz zur ebenfalls subventionierten Bahn zu fördern. Damit ist aber nicht eine Verschrottungsprämie beim Neukauf eines Autos gemeint, sondern die Unterstützung ökologisch sinnvoller Investitionen, mit denen direkt und indirekt privates Risikokapital angesprochen werden soll.