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Steuerpolitik nach Corona: Eine Frage der Grundprinzipien

Von Margit Schratzenstaller

Gastkommentare
Margit Schratzenstaller ist Ökonomin am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).

Die Ökologisierung des Abgabensystems darf nicht verschoben werden.


Die Steuerpolitik spielte mit Beginn der Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus in Österreich wie in vielen anderen Ländern zunächst kaum eine Rolle. Das Augenmerk der Regierungen lag auf Soforthilfemaßnahmen für die betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmer, darunter auch die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen und Steuerstundungen. Was darüber hinaus die Corona-Krise für eine aktiv gestaltende Steuerpolitik bedeutet, darüber wird erst seit Kurzem diskutiert: inspiriert auch durch einige aktuelle Publikationen internationaler Organisationen.

So weist die OECD darauf hin, dass die Krise den Druck erhöhe, die Gewinne der digitalen Unternehmen, die von der Krise eher profitiert hätten, effektiv zu besteuern. Etwaige steuerliche Maßnahmen zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte sollten, darin ist sich die OECD mit dem IWF einig, auf eine mögliche ungleiche Verteilung der Krisenlasten Rücksicht nehmen. Zudem seien Abgaben relevant, die langfristige Ziele - Stichwort Dekarbonisierung - unterstützen. Auch wenn Konjunktur- und Konsolidierungspakete erst dann konkretisiert werden können, wenn das Ausmaß von Wirtschaftseinbruch sowie resultierender Verschuldung absehbar sind: Diese Überlegungen liefern wichtige Grundprinzipien für deren Ausgestaltung.

Für Österreich sind für eine Steuerpolitik nach Corona mehrere Aspekte relevant:

Erstens stellt sich die Frage nach dem budgetären Spielraum für die vor der Krise geplanten Steuersenkungen, da die Krise Neuverschuldung und Schuldenstand deutlich erhöhen wird.

Zweitens können Steuersenkungen Teil eines Konjunkturprogramms sein, das die wirtschaftliche Erholung nach der schrittweisen Aufhebung des Lockdowns unterstützt. Dabei sind gezielte steuerliche Maßnahmen prioritär, die gleichzeitig strukturell sinnvoll und besonders konjunkturwirksam sind, wie die vor der Krise geplante Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 Prozent auf 20 Prozent. Dagegen sollte auf klimaschädliche Steuererleichterungen verzichtet werden. Nicht verschoben werden sollte die geplante Ökologisierung des Abgabensystems einschließlich der Einführung einer CO2-Bepreisung: Sie sind eine wirksame Begleitmaßnahme für ein Konjunkturprogramm, das die erforderliche sozio-ökologische Transformation unterstützt.

Drittens kann die Steuerpolitik auch eine Rolle in Konsolidierungsprogrammen spielen. Zwar ist noch nicht bekannt, wie hoch letztlich die Budgetbelastung sein wird, aber es ist doch davon auszugehen, dass der Konsolidierungsbedarf nicht allein durch Ausgabeneinsparungen gedeckt werden kann.

Dabei sollten jedenfalls die bestehenden Ungleichgewichte im österreichischen Abgabensystem berücksichtigt werden: die hohen Abgaben auf Arbeit, das eher moderate Gewicht von Umweltsteuern und vermögensbezogenen Steuern sowie die umfangreichen Ausnahmen in Einkommensteuer und Umsatzsteuer. Entsprechend sollten nicht einzelne Steueroptionen isoliert diskutiert, sondern ein den strukturellen Herausforderungen angemessenes Gesamtpaket geschnürt werden.