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Ramadan: Monat des Friedens und der Liebe

Von Abualwafa Mohammed

Gastkommentare
Abualwafa Mohammed ist promovierter Religionspädagoge und interkultureller Experte. Er steht für einen zeitgemäßen und europäischen Islam (www.abualwafa.at).
© privat

Das muslimische Fasten in Zeiten der Corona-Pandemie.


Nachdem die christlichen Mitbürger die Fastenzeit und das Osterfest sowie die jüdischen Mitbürger Pessach nur eingeschränkt gemeinsam erleben und feiern konnten, sind seit vergangenem Freitag nun die Muslime dran. Das Fasten ist die vierte Säule des Islam, und der neunte Monat des islamischen Mondkalenders, Ramadan, stellt eine Hochsaison der Spiritualität, des Zusammenkommens und der Familie dar.

Nun sind die Gotteshäuser in Österreich zu, und es sind Versammlungen in großen Gruppen untersagt. Somit fallen die Gemeinschaftsgebete in den Moscheen - insbesondere das nächtliche freiwillige Gebet (Tarawih) und das gemeinsame Fastenbrechen (Iftar) in großen Gruppen - aus.

Auf die Frage einiger Muslime, "was denn vom Ramadan übrig bleibe", ist meine Antwort: "Das Wichtigste, nämlich du, das eigenverantwortliche Besinnen und Reflektieren". Die Beziehung mit Gott ist eine individuelle, und dieser Ramadan ist eine Chance, diese persönlich zu gestalten, neue Erfahrungen mit Gott zu erleben und eine schöne Reise ins Innere zu führen. Der Islam versteht sich als Fortsetzung des Glaubens an Gott von Adam über Abraham, Moses und Jesus zu Mohammed. Betrachtet man die koranische Stelle, in der das Fasten auferlegt wurde (Koran Sure 2 Vers 183), so merkt man, dass das Fasten etwas Verbindendes darstellt: "O ihr, die ihr glaubt! Das Fasten ist euch vorgeschrieben, so wie es den Leuten vor euch vorgeschrieben wurde." (Sure 2, Vers 183). Gerade in dieser Zeit sollten das Verbindende und die Solidarität vorrücken.

Der Ramadan ist auch der Monat des Friedens. In einer Ramadan-Nacht empfing der Prophet Muhammad die erste Offenbarung. Die "Laylat al-Qadr" (Nacht der Bestimmung) wurde als Highlight des Monats im Koran als friedensreiche Nacht bezeichnet: "Friede ist sie, bis zum Anbruch der Morgendämmerung." (Sure 97, Vers 5) Genau diesen Frieden müssen wir in uns und in unserem Umfeld verbreiten. Wir können die Fastenzeit als Chance nutzen, die Liebe in der Familie zu erfrischen. Auf Arabisch nenne ich es "ihya ulum al-hub", inspiriert von einem berühmten, mystischen Referenzwerk.

Das Tarawih (gemeinschaftliche Nachtgebet) ist an sich auch ein individuelles Gebet - der Prophet schickte einst die Gefährten zurück, um das Gebet in ihren Häusern zu verrichten. Aus persönlicher Erfahrung hatten die Tarawih-Gebete, die ich bewusst zu Hause verrichtet habe, den größten Einfluss auf mein Herz, weitaus mehr als die Tage, in denen ich als Imam vorne stand oder hinter dem Imam mit schönster Stimme gebetet habe.

Der Ramadan hat auch einen sozialen Aspekt, der in Zeiten von Corona erweitert werden sollte, indem statt den großen Iftaren (Fastenbrechen), zum Beispiel Mahlzeiten für die Armen gespendet werden. An Kreativität wird es bei der Umsetzung von Gutem nicht fehlen. Es bleibt, dass in diesem Monat das Wichtigste der Frieden ist - und der beginnt im Inneren. Er zeigt sich in unseren Familien und in der Gesellschaft.