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Das Lernen von morgen

Von Abualwafa Mohammed

Gastkommentare
Abualwafa Mohammed ist promovierter Religionspädagoge und interkultureller Experte. Er steht für einen zeitgemäßen und europäischen Islam (www.abualwafa.at).
© privat

Die Bildung zeigt sich bei der Digitalisierung auf einem guten Weg.


Die Corona-Krise und die damit verbundenen Schulschließungen (die nun sukzessive wieder aufgehoben werden) kamen für die meisten überraschend - das Schulsystem stand vor der Herausforderung einer forcierten Digitalisierung des Unterrichts und einer abrupten Umstellung auf "distance learning". In der Folge wurden auch die Server zunächst überlastet, digitalen Lernplattformen wie Webuntis oder Moodle brachen in den ersten Tagen der Umstellung mitunter ein. Seit der zweiten Woche der Krise sind diese Probleme behoben, ein positives Zeichen für eine stabile digitale Infrastruktur.

Als Lehrer an mehreren Schulen in der Sekundarstufe II erlebte ich hautnah, wie verschieden die Digitalisierungsgrade und auch die Medienkompetenzen in den Schulen sind, obwohl so gut wie alle Schulen ein Dringlichkeitsbewusstsein zeigen. Eine Schule mit Digitalisierungsschwerpunkt bereitete das Lehrerteam und die Schüler gut vor, schulte sie ein und führte sogar Probeläufe durch. Eine andere Schule musste mit sichtlich größeren Schwierigkeiten kämpfen, um mit den vorhandenen Ressourcen sofortige Digitalisierungsmaßnahmen zu treffen. Schulen, die schon im Vorfeld der Krise stark auf Digitalisierung setzen konnten, fiel die Umstellung wesentlich leichter, denn es ist auch eine Frage der Ausstattung und der Ressourcen. Hier werden mehr Technik, Schulungsangebote und Ausbildungen benötigt, wobei das Bildungsministerium versucht, den Bedarf zu decken. Die anfängliche Verwirrung über die zu verwendenden Tools hat sich mittlerweile gelegt, alle Schulen bewegen sich in Richtung Microsoft Teams, wofür das Ministerium ebenfalls Crash-Kurse anbietet.

Die Erfahrungen in den Klassen dazu sind unterschiedlich. In einigen funktionierte alles reibungslos, die Jahrespläne wurden beibehalten, Lernziele weiterverfolgt und neuer Lernstoff erarbeitet. In solchen Fällen hielten Schüler beispielsweise ihre Referate online ab und kamen so auch im Distanzunterricht zu Wort. Nur so kann eine Harmonisierung von Subjektorientierung (im Unterricht) und digitaler Didaktik stattfinden. Entsprechend positiv fielen Feedback und Lernfortschritt aus. Es gibt aber auch andere Klassen, in denen weder neue Inhalte behandelt noch die Lernziele beibehalten werden konnten. Dort ging es nur um die Wahrung von Mindeststandards und die Verfügbarkeit für die Schüler zur etwaigen Unterstützung und Beratung. An der Wiedersehensfreude der Schüler im virtuellen Klassenzimmer wurde insgesamt eindrucksvoll spürbar, wie sehr sie die Schulgemeinschaft vermissen.

Es zeigt sich also die Bildung auf einem guten Weg der gemeinsamen Bewältigung der digitalen Herausforderung - das Lernen von morgen ist das Lernen von heute geworden. Auf diesem Weg darf aber auf Chancengleichheit, die Erhebung von Schülerbedürfnissen und die Anpassung an verschiedene Altersstufen und Schultypen nicht vergessen werden. Die Initiativen auf Bundes- und Landesebene, Laptops zur Verfügung zu stellen, sind ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist an uns, diese Chance nicht zu verpassen.