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Niemals vergessen

Von Sigrid Maurer

Gastkommentare

Es zeigt sich, dass es einen großen Unterschied macht, wenn Grüne regieren.


Vor einem Jahr noch sprach ein Vizekanzler zum 8. Mai, der der FPÖ angehörte. Ein rechtsextremer Vizekanzler, der am Tag der Befreiung in seiner Rede an die Nation den "importierten Antisemitismus aus islamischen Ländern" betonte. Dieses Jahr, rechtzeitig zum Jubiläum, haben wir am 8. Mai das in die Zukunft weisende Postulat eines grünen Vizekanzlers "Niemals vergessen" gehört.

75 Jahre, nachdem Österreich vom nationalsozialistischen Terrorregime befreit wurde, sind wir momentan auf virtuelles Gedenken beschränkt. Wenn wir jedoch das "Niemals vergessen" ernst nehmen, ist es dringend notwendig, eine langfristige Strategie zu entwickeln und umzusetzen. Alarmierend ist in diesem Zusammenhang die Studie des Zentrums für Politische Bildung der Pädagogischen Hochschule Wien und der Arbeiterkammer: Nur zwischen 19 und 48 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Wien können erklären, was Antisemitismus ist. Auch über die Zahl der jüdischen Opfer während des Holocaust ist das Wissen äußerst dürftig. Weniger als ein Drittel der AHS-Schülerinnen und Schüler konnte eine richtige Einordnung treffen. In den anderen Schultypen ist die Zahl noch besorgniserregender. Hier ist insbesondere die Bildungspolitik gefragt, Konzepte und Strategien zu entwickeln, die vor allem in diesen historischen Bereichen aufklärt, Wissen vermittelt und gedenkpolitisch operationalisiert.

Um dem Anspruch "Niemals vergessen" gerecht zu werden, sieht das Regierungsprogramm die Entwicklung einer Gedenkstrategie vor. Eine der ersten Maßnahmen dazu: Das Gelände des ehemalige Konzentrationslagers Gusen, eines der zahlreichen Außenlager des KZ Mauthausen, befindet sich derzeit im Privateigentum. Nach 75 Jahren gelingt es nun endlich, die Liegenschaft durch die Republik Österreich zu kaufen.

Die KZ-Gedenkstätte Gusen zeigt mittels virtuellen Audioweges unterschiedliche Möglichkeiten der Vermittlung auf, zudem gibt es ein Memorial um das ehemalige Krematorium. Allerdings ist der Rest des Areals in Privateigentum und von Einfamilienhäusern, einige davon teilweise aus ehemaligen Baracken gebaut, und Betrieben besiedelt. Umso wichtiger, dass die Republik durch den Kauf das gesamte Areal der Öffentlichkeit zugänglich macht, den Gedenkort aus dem Schattendasein holt und würdig aufbereiten kann. Ein wesentlicher Teil des "Niemals vergessen" ist auch, entschieden gegen Rechtsextremismus aufzutreten. Jedes Jahr im Mai findet mit hunderten Menschen das faschistische Treffen am Loibacherfeld statt, um der Ustaa, der Anhängerinnen und Anhänger des faschistischen NDH Staates, zu gedenken. Dieses Jahr sollte es aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht stattfinden können, in letzter Sekunde fand dann doch eine kleinere Versammlung statt, der kroatische Botschafter legte einen Kranz nieder und - wie zu befürchten war - es versammelten sich einige Rechtsextreme.

Für die kommenden Jahre gilt es, dafür zu sorgen, dass das Ustaa-Treffen in Bleiburg verhindert wird. Und zwar nicht aufgrund der Corona-Pandemie, sondern aus der Verpflichtung zum antifaschistischen Grundkonsens der Zweiten Republik. Gerade an gewissen Tagen im Mai zeigt sich, dass es einen großen Unterschied macht, wenn Grüne regieren.