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Ein Appell an die Vernunft

Von Norbert Templ

Gastkommentare
Norbert Templ ist Referent in der Abteilung EU und Internationales der AK Wien.
© Lisi Specht

Laut UN-Weltklimarat bleiben uns noch zehn Jahre, um die Klimakrise in den Griff zu kriegen.


Es ist keine Zeit mehr zu verlieren. Laut Berechnungen des UN-Weltklimarates bleiben uns noch zehn Jahre, um die Klimakrise in den Griff zu kriegen. Covid-19 hat uns wachgerüttelt für die Gefahren globaler Pandemien und zu umfangreichen Gegenmaßnahmen geführt. Die Klimaerhitzung ist bedrohlich und erfordert ebenso umfassende Maßnahmen, insbesondere einen beispiellosen Investitionsschub auf europäischer Ebene und in den EU-Mitgliedstaaten. Gleichzeitig muss der Wiederaufbau nach dem Lockdown durch die Corona-Krise in die Wege geleitet werden. Wahre Herkulesaufgaben, die da anstehen, aber die Richtung ist klar: Wir müssen mit dem Wiederaufbauplan in ein soziales und klimaneutrales Europa investieren. Tun wir es nicht, bürden wir zukünftigen Generationen Kosten auf, die sie nicht bewältigen können.

Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission und EU-Kommissar für Klimaschutz, hat in seinem vielbeachteten Aufruf "Nach dem Coronavirus: Welche Welt wollen wir?" geschrieben: "Wollen wir verzweifelt darum kämpfen, zu dem zurückzukehren, was wir vorher hatten - oder wollen wir versuchen, einen deutlich besseren Zustand zu erreichen?" Das Vorher beschreibt Timmermans als eine träge, lineare und CO2 speiende Wirtschaft, die größte Probleme hat, die Beschäftigungsquoten und die Lebensqualität zu erhöhen, während sie gleichzeitig die natürlichen Ressourcen erschöpft. Timmermans hat recht. Unserer Generation bietet sich die einmalige Chance, Europa mit den nun notwendigen Konjunkturbelebungsmaßnahmen zu einem globalen Hoffnungsträger für Klimaschutz und sozialen Fortschritt zu machen.

Wir sind - so steht es mit Recht auch in der Präambel des türkis-grünen Regierungsprogramms - "die erste Generation, die die Folgen der Klimakrise spürt, und gleichzeitig die letzte Generation, die noch gegensteuern kann". Das muss zum Leitmotiv der europäischen Politik werden. Mit dem "Grünen Deal" liegt bereits ein Aktionsplan für einen Neustart der Wirtschaft vor, mit dem Europa einen deutlich besseren Zustand erreichen kann.

Priorität sollten dabei jene Investitionen haben, die darauf abzielen, die Klimakrise zu bewältigen und gleichzeitig die soziale Dimension zu stärken - etwa Investitionen in Energieeffizienz, Energieforschung und erneuerbare Energien, thermische Sanierung von Gebäuden, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, generelle Umstellung auf klimaneutrale Mobilität, aber auch Bildung und Kinderbetreuung sowie Ausbau des Gesundheitswesens und der Pflege. Das würde die Konjunktur beleben und Beschäftigung schaffen.

Der Übergang in ein klimaneutrales Europa wird auf die Beschäftigungssituation in CO2-intensiven Branchen große Auswirkungen haben, gleichzeitig aber auch viele neue Jobs schaffen. Beschäftigte müssen beim Übergang auf einen neuen Arbeitsplatz bestmöglich unterstützt werden. Politische Maßnahmen müssen sicherstellen, dass alle Menschen einen sinnvollen Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsplatz haben. Das Einzige, was es dazu braucht, ist politischer Mut.