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Betreuung mit Pflege zu verwechseln, ist gefährlich

Von Svetlana Geyrhofer

Gastkommentare
Svetlana Geyrhofer ist Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, akademisch geprüfte Expertin in der Anästhesiepflege und Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege. Sie ist Präsidentin der Gesellschaft für Schmerzmanagement der Gesundheits- und Krankenpflege und Vorstandsmitglied der Österreichischen Schmerzgesellschaft.
© privat

Die Unterschiede zwischen den beiden Berufsfeldern sind sehr deutlich.


Eigentlich ist es ganz einfach: Wenn man sich ein wenig mit dem Thema 24-Stunden-Betreuung auseinandersetzt, wird klar, dass die Tätigkeiten der Personenbetreuerin in erster Linie "auf die Person aufpassen und ihr helfen" sowie hauswirtschaftliche Hilfestellungen sind, wie etwa Kochen, Reinigungsarbeiten, Botengänge, Betreuung von Pflanzen und Tieren, Wäsche waschen und bügeln. Dafür braucht die Personenbetreuerin keine besonderen fachpflegerischen Qualifikationen.

Googelt man den Beruf "Diplomierte/r Gesundheits- und Krankenpfleger/in" (DGKP), sieht man schnell, dass es hierfür ein dreijähriges Studium braucht und die Grundlage der Pflegehandlungen der Pflegeprozess bildet: Man erstellt auf Basis der Anamnese die Pflegediagnose, wählt gezielte Pflegemaßnahmen möglichst nach wissenschaftlichen Erkenntnissen aus, wendet dabei verschiedene Pflegekonzepte an. Weitere wichtige Aufgaben sind gesundheitsfördernde und ressourcenorientierte Pflegemaßnahmen, Prävention gegen Komplikationen oder Verschlechterung einer Erkrankung, Beratung in der Gesundheits- und Krankenpflege, das Erstellen von Pflegegutachten, Mitwirkung an Forschungsprojekten, die Anwendung komplementärer Pflegemethoden und die psychosoziale Betreuung. Hinzu kommt, dass dafür medizinische Fachkenntnisse nötig sind, um vom Arzt angeordnetes Therapiemanagement ohne dessen Beisein anzuwenden und den Behandlungserfolg zu evaluieren.

Stellt man diese beiden Tätigkeitsfelder - Betreuung ("auf die Person aufpassen und Hilfestellung geben") und Pflege ("Pflegediagnose nach wissenschaftlichen Kriterien erstellen und Therapiemanagement durchführen") - gegenüber, wird klar, dass die Unterschiede wohl sehr deutlich sind und - ja! - für die Pflegetätigkeiten sogar fachhochschulische Ausbildung (Forschung!) bedeutend ist.

In Österreich gibt es dazu gesetzliche fachliche Standards (die geflissentlich oft verschwiegen werden). Das Berufsgesetz für die Gesundheits- und Krankenpflege drückt klar aus, dass bei pflegerischen Tätigkeiten immer (!) ein/e DGKP hinzuzuziehen ist. Diese/r entscheidet, ob einzelne Maßnahmen nach entsprechender Anleitung und Unterweisung der Personenbetreuerin übertragen werden können. Tätigkeiten wie Unterstützung bei der Körperpflege, beim An- und Auskleiden, beim Essen und Trinken, beim Aufstehen und Niederlegen sind bereits pflegerische Tätigkeiten, die ausschließlich von DGKP zu planen sind und im Einzelfall (!) schriftlich an die Personenbetreuerin übergeben werden können. Andernfalls hat diese laut Gesetz von sich aus pflegerische Tätigkeiten zu unterlassen.

Der Verdacht liegt nahe, dass man mit der ständigen Verwechslung von Betreuung und Pflege der Bevölkerung vorgaukeln möchte, dass "Pflege" jeder kann und Personenbetreuerinnen aus ärmeren EU-Ländern ja doch viel billiger sind als hochqualifizierte und studierte DGKP. Und überhaupt: Für Kochen und Bügeln braucht man eigentlich kein Studium, eine Pflegelehre reicht, oder? Dass dies die Sicherheit und womöglich die Gesundheit der Betroffenen gefährden kann - darauf weist auch das Ministerium hin -, wird dabei völlig ausgeblendet.

Broschüren des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz:

"24-Stunden-Betreuung zu Hause - Ein Überblick""Was dürfen Personenbetreuerinnen und Personenbetreuer tun?"