Eine Ankündigung hat er gehalten: raus aus internationalen Abkommen, die zum vermeintlichen Nachteil der USA sind. US-Präsident Trump hat eine Skepsis gegenüber Multilateralismus im Allgemeinen und gegenüber Rüstungskontrolle im Besonderen. Er sieht die "Rückkehr der Konkurrenz der Großmächte". Die Opfer: das Atomabkommen mit dem Iran, der Vertrag über Kurz- und Mittelstreckenraketen (INF) oder jüngst der Vertrag über die offenen Himmel (Open Skies). Vom Klimaabkommen ganz zu schweigen. Seine "Verbündeten" können davon ein Lied singen und das Gebäude der Abrüstung und Rüstungskontrolle bröckelt.

Am Montag verhandeln die USA und Russland den bilateral abgeschlossenen Vertrag über strategische nukleare Rüstungsbegrenzung (Strategic Arms Reduction Treaty, New START) in Wien. Der letzte noch bis 2021 gültige Rüstungskontrollvertrag seiner Art. Natürlich sind erstgemeinte Gespräche zu begrüßen. Und Wien positioniert sich – ganz nach dem türkis-grünen Regierungsprogramm – als "Ort des Dialogs" und übt "engagierte Friedensdiplomatie". Auch das ist zu begrüßen, hat Tradition und steht dem neutralen Staat gut zu Gesicht. Man braucht nicht Bruno Kreisky zu bemühen. Unter Sebastian Kurz fanden Gesprächsformate zu Iran, Syrien, Libyen oder Ukraine in Österreich statt.
Machtausweitung sticht in diesem Spiel die Vertrauensbildung und nationale Interessen sind immer Trumpf. Die Atommächte modernisieren ihre Potenziale anstatt die Verpflichtung zur vollständigen Abrüstung aus dem Nichtweiterverbreitungsvertrag (NPT) umzusetzen. Es herrscht quantitative Abrüstung und qualitative Aufrüstung. "Mini nukes" werden erforscht, um einen Atomkrieg auch regional führen zu können. Die Logik, dass Atomwaffen für Sicherheit sorgen, wirkt angesichts der vielen Konflikte mit der nuklearen Karte am Spieltisch schon beinahe absurd. Und die Friedensnobelpreisträgerin EU debattiert über eine Europäisierung der französischen Potenziale.
Abrüstung und Einschluss Chinas ist wichtig, aber keine Ausrede für ein Platzenlassen einer Lösung. Erstens liegen über 90 % der Sprengköpfe in den USA und Russland und zweitens unterschreiten Pekings Potenziale die in Wien im Gespräch befindlichen Obergrenzen bei weitem.
Im Juli 2017 haben sich 122 Staaten auf den Atomwaffenverbotsvertrag geeinigt. Dieser verbietet nicht nur den Einsatz, sondern auch den Besitz, die Lagerung, die Stationierung oder den Test von Atomwaffen. Österreich ist der einzige EU-Staat, welcher bereits ratifiziert hat. Der Kern der Sache hat humanitäre Gründe: menschliche Sicherheit statt Sicherheit für die Staaten. Österreich stand bei nuklearer Abrüstung jüngst stets in der ersten Reihe. Das Regierungsprogramm sieht das Fortsetzen von Abrüstungsinitiativen vor. Die Rolle als Gastgeber erfüllt Österreich perfekt. Einige politische Klimmzüge sind nötig, damit sich Wien weiter zum aktiven Vermittler und Taktgeber von Abrüstung entwickeln kann.