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Schweizer müsste man sein

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Zwei Geld-Philosophien, zwei Jahrzehnte, ein Gewinner.


Es ist mehr oder weniger ein Zufall, dass sowohl in der Schweiz als auch in der EU vor genau 20 Jahren zwei sehr fundamentale Änderungen im Wirtschaftsleben Wirklichkeit wurden, die bis heute enorm nachwirken; wenn auch in sehr unterschiedliche Richtungen.

In der Schweiz trat damals eine verfassungsrechtlich abgesicherte Schuldenbremse in Kraft, die den Staat seither durchaus robust dazu zwingt, nur sehr begrenzt neue Schulden aufzunehmen, und die Politik damit bis zu einem gewissen Grade entmündigt.

In der Eurozone hingegen machten die Bürger vor 20 Jahren erstmals Bekanntschaft mit den damals neuen und ungewohnten Euro-Banknoten. Deren Einführung (das ist wichtig) war mit dem heiligen Versprechen aller maßgebenden Politiker und Notenbanker verbunden, das neue Geld der Europäer werde so stabil und sicher sein wie D-Mark oder Schilling, wenn nicht noch härter.

Heute, zwei Jahrzehnte nach diesen beiden wirtschaftspolitischen Großereignissen, kommt man als Bürger Deutschlands, Österreichs oder der anderen Staaten der ehemaligen D-Mark-Zone leider zu dem Schluss: Für die Schweizer hat sich ihre damalige Entscheidung ausgezahlt, sie profitieren bis heute davon; zumindest der nördliche Teil der Eurozone hingegen muss eine sehr durchwachsene Bilanz dieser zwei Jahrzehnte ziehen.

In a nutshell zeigt der Wechselkurs zwischen Euro und Schweizer Franken, was da los ist: Bekam man im Jahr 2001 noch 1,60 Franken für 1 Euro, lag der Kurs Ende 2021 bei nahezu 1:1, was einer doch recht heftigen Abwertung des Euro entspricht. Die nicht zuletzt deshalb entstand, weil sich die EZB unter dem Einfluss der Politik immer weiter vom Vorbild der Deutschen Bundesbank und der Vorgabe, den Geldwert stabil zu halten entfernt hat und heute von der Klimarettung über den Kampf gegen Corona und die Rettung der südlichen EU vor dem Staatsbankrott alle möglichen Ziele mithilfe legaler Geldfälschung verfolgt, dabei aber den Geldwert verkommen lässt, wie die horrenden Inflationszahlen in der Eurozone beweisen. In der Schweiz hingegen wird seit Jahren kaum Inflation gemessen, auch heuer dürfte sie mit etwa 1 Prozent völlig harmlos sein.

Dazu kam, dass zwar nicht nur die Schweiz damals eine Schuldenbremse installierte, sondern auch die Eurozone in Form der Schuldenobergrenzen des Mastricht-Vertrags - Erstere wurde strikt eingehalten, während Letztere schon nach wenigen Jahren den Charakter von nutzlosem Altpapier angenommen haben und mittlerweile totes Recht geworden sind, das möglicherweise demnächst auch formal entsorgt wird. Deshalb liegen die Staatsschulden in der Eurozone durchwegs weit über den erlaubten 60 Prozent der Wirtschaftsleistung, während sie in der Schweiz knapp unter 30 Prozent betragen; und das, obwohl Corona in der Eidgenossenschaft genauso gewütet hat wie im Rest Europas.

Nun wäre es gewiss unredlich, nicht auch die Vorteile der zwei Jahrzehnte Euro zu erwähnen, etwa für die Exportwirtschaft. Trotzdem muss der Vergleich mit der Schweiz und deren ganz anderer Haltung zum Geld jeden nachdenklich stimmen, der in der Eurozone unter der fortschreitenden Erosion des Geldwerts leidet.