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Ohne strukturelle Änderungen kein Klimaschutz

Von Margit Schratzenstaller

Gastkommentare
Margit Schratzenstaller ist Ökonomin am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).

Um die Corona-Krise klimapolitisch zum Positiven zu wenden, bedarf es politischer Rahmensetzungen.


Die Corona-bedingte Rezession bewirkt weltweit einen deutlichen Einbruch der CO2-Emissionen. Im April gingen sie global um 17 Prozent gegenüber den Vorjahreswerten zurück. Für Österreich rechnet eine aktuelle WIFO-Simulation damit, dass mit dem prognostizierten Rückgang der Wirtschaftsleistung um sieben Prozent die Treibhausgasemissionen gegenüber 2019 um zehn Prozent sinken könnten: mehr als in der letzten Krise, mit einem rezessionsbedingten Rückgang der Emissionen von 7,6 Prozent 2009. Allerdings ist zu beobachten, dass nach dem Tiefpunkt im April die globalen CO2-Emissionen mit zunehmenden Lockerungen wieder steigen. Und auch für Österreich zeigen die Erfahrungen aus der vergangenen Krise, dass ohne strukturelle Änderungen, die Energieverbrauch und Emissionsintensität verringern, der aktuelle Einbruch der Treibhausgasemissionen nur vorübergehend sein wird: 2010 waren nach Überwindung des Tiefpunkts der Rezession die Emissionen bereits wieder um 5,5 Prozent gestiegen. Auch dieses Mal könnte eine dauerhafte Trendwende ausbleiben: aufgrund von Nachholeffekten im Konsum, weil die Unternehmen weniger Mittel für Investitionen in emissionssparende Innovationen haben, weil zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen staatliche Regulierungen auf nationaler oder EU-Ebene zurückgenommen werden, weil der Spielraum für staatliche Ausgaben für den Klimaschutz aufgrund der stark steigenden Verschuldung sinkt, oder wegen der rezessionsbedingt sinkenden Ressourcenpreise, die sich etwa im sinkenden Zertifikatepreis im europäischen Emissionshandel niederschlagen.

Um die Corona-Krise klimapolitisch zum Positiven zu wenden, bedarf es daher politischer Rahmensetzungen. Ein wichtiger Hebel sind die Konjunkturpakete. Transformatives Potenzial haben vor allem öffentliche Investitionen in den Klimaschutz, aber auch Steuererleichterungen mit einer grünen Komponente. In dieser Hinsicht enthält das aktuelle österreichische Konjunkturpaket bessere Ansätze als jenes nach der letzten Krise, wo nur fünf Prozent der Maßnahmen grün waren. Mindestens ein Viertel von insgesamt gut elfeinhalb Milliarden Euro fließt nun in staatliche grüne Investitionen oder Steuererleichterungen. Der notwendige nächste Schritt ist nun - neben weiteren öffentlichen Klimaschutz-Investitionen - die Umsetzung der geplanten Ökologisierung des Steuersystems, um die Effektivität der gesetzten klimapolitischen Impulse zu verstärken. Konkret sind rasch ökologisch kontraproduktive Steuererleichterungen einzuschränken und eine CO2-Bepreisung zu implementieren. Um diese sozial abzufedern und in einen nachhaltigen Umbau des Steuersystems einzubetten, bietet das österreichische Konjunkturpaket durch die vorgezogene Senkung des ermäßigten Eingangssteuersatzes bereits eine gewisse Kompensation, die freilich für die untersten Einkommen noch zu verstärken wäre. Zu flankieren sind diese nationalen Maßnahmen durch ein entschiedenes Eintreten für eine nachhaltige Ausgestaltung der Rettungsmaßnahmen auf EU-Ebene.