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Macht weniger arbeiten reich?

Von Christian Ortner

Gastkommentare

Mit weniger Arbeit gegen eine Krise angehen, die von einem Stillstand der Arbeit ausgelöst wurde - darauf muss man einmal kommen.


Die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher hat einmal bemerkt, das Problem der Sozialisten sei, dass ihnen irgendwann das Geld der anderen Leute ausgehe. Das ist erstens klug beobachtet und trifft wohl auf "die Sozialisten in allen Parteien" zu, wie der Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek diese kleine Konstruktionsmacke der Parteiendemokratie süffisant charakterisierte. Wählerbestechung mit dem Geld anderer war und ist ja kein linkes Alleinstellungsmerkmal, das beherrschen fast alle mehr oder weniger gut.

Lebte sie noch, würde Thatcher freilich verblüfft feststellen, dass im Jahr 2020 angesichts gewaltiger, aus dem Nichts geschaffener Geldgebirge und emsig aufgehäufter Schuldenberge ihre Regel außer Kraft gesetzt zu sein scheint. Das stimmt natürlich am Ende des Tages nicht, weil irgendwann abgerechnet wird, wie jeder Grieche berichten kann, aber auf kurze Sicht scheint das so. Wir haben es letztlich immer mit einer Art Voodoo-Ökonomie zu tun; einmal zu Lasten künftiger Generationen, einmal auf Kosten jener, die heute produktiv sind und entsprechend Leistung erbringen. Das gilt geradezu lehrbuchreif für die SPÖ-Forderung nach der Viertagewoche für Werktätige: Die Arbeitnehmer sollen um 20 Prozent weniger arbeiten, dabei aber nur auf 5 Prozent ihres Nettogehalts verzichten. Ein weiteres Drittel der Kosten finanziert der Staat mittels Arbeitsmarktförderungen, das dritte Drittel müssen die Arbeitgeber berappen.

Nicht eben überraschend jubilierte Arbeiterkammer-Ökonom und "Falter"-Autor Markus Marterbauer: "Arbeitszeitverkürzung erhöht den Wohlstand der arbeitenden Bevölkerung. In der Krise ist sie für die Stabilisierung der Beschäftigung unverzichtbar."

Eine aus mehreren Gründen eher eigentümliche Analyse. Denn dass man wohlhabender wird, indem man weniger arbeitet, ist ein außerhalb der geschützten AK-Werkstätten in freier Wildbahn eher selten zu beobachtendes Phänomen. Selbst der Regalschlichter im Supermarkt und die ungelernte Reinigungskraft wissen normalerweise, dass mehr Wohlstand von mehr Arbeit kommt und nicht von weniger.

Ganz besonders gilt das in der Corona-Krise, die ökonomisch gesehen eine erzwungene Phase der kollektiven Nicht-Arbeit war, die einen entsprechenden Verlust von Wohlstand mit sich brachte.

Deshalb wäre es zur Schadensbereinigung eher nötig, eine Zeit lang in die Hände zu spucken, die Ärmel aufzukrempeln und eher mehr zu arbeiten, um die Phase des unfreiwilligen Müßigganges zu kompensieren. Mit weniger Arbeit gegen eine Krise angehen, die wirtschaftlich von einem Stillstand der Arbeit ausgelöst wurde - darauf muss man einmal kommen.

Die Kosten dieser vermeintlichen sozialen Großtat zu zwei Drittel Steuerzahlern und Unternehmen aufzubürden, entspricht freilich ganz Thatchers Diagnose. Und da die Unternehmen gerade in der Krise zusätzliche Kosten brauchen wie einen Kropf, würde das wohl nicht den "Wohlstand der arbeitenden Menschen erhöhen", sondern die Zahl der Arbeitslosen. Ein wirklich toller Plan.