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Warum die Macht immer noch männlich ist

Von Sabine M. Fischer

Gastkommentare
Sabine M. Fischer, Inhaberin von Symfony Consulting, ist Wirtschaftspädagogin, Human-Factor-Unternehmensberaterin und Sprecherin des AK Industrie 4.0/IoT in Wien. Symfony / Klaus Prokop

Wenn Frauen, die sich in Machtpositionen wagen wollen, mehr unterstützt werden, dann bringt das Vorteile für alle.


Politik ist jener gesellschaftliche Bereich, dessen Kerngeschäft das Networking ist: Menschen, die in verantwortungsvolle Positionen gewählt werden wollen, benötigen vielfache Netzwerkkontakte und müssen diese auch ganz gezielt einsetzen können und wollen.

Laut aktuellen Studienerkenntnissen von zwei Professorinnen an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Hessen, Karin Kreutzer und Marjo-Riitta Diehl, und der Unternehmensberaterin Elena Greguletz liegt im Netzwerken für Frauen eine besondere Herausforderung, weil sie dafür vier Barrieren überwinden müssen:

den Zeitkonflikt zwischen Beruf und Familie;

Ausgrenzung aufgrund ihres Geschlechts;

sozialorientierte Moralität und Authentizität;

Unterschätzung des Wertes der eigenen Beiträge.

Selbst wenn Frauen diese Hindernisse bezwingen, wartet in der Politik noch eine weitere große Überzeugungsaufgabe auf sie. Machtpositionen sind nämlich sprachlich und damit auch im Denken der Wählerschaft männlich positioniert. Diesem quasi vorgefertigten Bild in den Köpfen vieler Menschen können Frauen einfach nicht entsprechen.

Kognitions- und Sprachwissenschafter des M.I.T., der Universität von Potsdam und der Universität von Kalifornien, San Diego, untersuchten diese Effekte im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2016. Roger Levy und Titus von der Malsburg konnten die Vorurteile der Menschen gegenüber einer Frau als US-Präsidentin objektiv feststellen. Von der Malsburg vermutet, dass Frauen viel mehr als Männer aufwenden müssen, um Menschen von ihrer Eignung für eine politische Führungsfunktion zu überzeugen. Levy meint, dass wir alle neue Konzeptionen von Menschen in Machtpositionen brauchen, wenn Frauen in diese Funktionen kommen sollen.

Angesichts dieser mannigfachen Herausforderungen, die eine Partei mit einer Frau als Spitzenkandidatin zu bewältigen hat, kann man sich vorstellen, dass dieses Risiko ungern aufgenommen wird - sowohl von der individuellen Frau selbst als auch von der Organisation hinter ihr.

Was können wir - Frauen und Männer - also tun, um Frauenperspektiven in die Politik und Frauen in Machtfunktionen zu bekommen? Es braucht wohl mehr Unterstützung für Frauen, die sich in diese neue Rolle wagen. Wir sollten ihnen auch Mut machen, ihre Sichtweisen anzusprechen. Das bedeutet, Frauen strukturell und emotional zu unterstützen, damit sie die üblichen Themenpfade und Verhaltensweisen verlassen können.

Nur dann haben wir die Chance, dass mehr Frauen aufstehen und sich der Wahl stellen. Nur so werden Frauen in der Politik nichts Besonderes mehr sein.

Was wir dabei gewinnen? Wir werden auch die Sichtweisen der anderen 50 Prozent der Bevölkerung hören und ihre Perspektiven in zukunftsweisende Entscheidungen aufnehmen können. Damit werden wir unser aller Handlungsoptionen wesentlich erweitern - das ist ein bedeutender Vorteil in einer immer komplexer werdenden Welt.