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Was haben wir aus Corona gelernt?

Von Gunther Hauser

Gastkommentare

Im internationalen Vergleich war und ist Österreich eines der am besten in Hinblick auf die Bewältigung der Gesundheitskrise vorbereiteten Länder der EU.


Die Corona-Krise erreichte im März Österreich. Die ersten Maßnahmen zur Eindämmung des neuen Virus Sars-CoV-2 beziehungsweise der daraus abgeleiteten Krankheit Covid-19 wurden seitens der Bundesregierung schon sehr früh - fast zeitgleich mit Dänemark - mit Wirksamkeit Mitte März erlassen. Pannen im Umgang mit der Krise entstanden in vielen Ländern, so auch in Österreich.

Ob im Fall Ischgl beim Ausbruch der Corona-Krise wirtschaftliche Interessen jenen des öffentlichen Gesundheitsschutzes gegenüberstanden, gilt es nach wie vor zu klären. Das Robert-Koch-Institut in Berlin nannte Tirol im März als eines der zehn höchsten Risikogebiete weltweit bei der Ausbreitung von Sars-CoV-2, gemeinsam mit Wuhan, Norditalien und dem Iran. Es zählte bis Ende April insgesamt 9.767 deutsche Corona-Infizierte, die sich in Österreich, nicht nur in Ischgl, angesteckt haben dürften. Ischgl wurde in diesem Zusammenhang vom Robert-Koch-Institut als der wahrscheinliche Expositionsort angegeben.

Zum Fall Ischgl meinte Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer: "Da ist eindeutig etwas schiefgelaufen. Und das ist wahrscheinlich untertrieben. Es wird jetzt zur Untersuchung eine unabhängige Expertenkommission dazu eingesetzt. Grundsätzlich halte ich es mit Gesundheitsminister Rudi Anschober: Es ist eine noch nie dagewesene Krise. Es sind sicher schon Fehler passiert, es werden auch noch welche passieren. Das Wichtigste bei einer Krise ist, dass Entscheidungen gefällt werden. Wenn wir sie überstanden haben, werden wir alles evaluieren." Wer zu Beginn des Ausbruchs der Corona-Krise der Patient Null war und wie das Virus Sars-CoV-2 auf den Menschen übersprang, wird sich womöglich nicht mehr so exakt klären lassen. Zwei Untersuchungen, veröffentlicht Anfang Mai, deuteten darauf hin, dass dies schon früher geschah als bisher angenommen.

Ernstzunehmende Infrastruktur und Ausrüstung fürs Bundesheer

Im internationalen Vergleich war und ist Österreich eines der am besten in Hinblick auf die Bewältigung der Gesundheitskrise rund um die Ausbreitung des Coronavirus vorbereiteten Länder der EU. Von Beginn der Krise an ist Österreich im Austausch mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und der EU-Gesundheitskontrollbehörde ECDC. Österreichweit legen Pandemiepläne den Handlungsbedarf fest mit eindeutig definierten Kompetenzen für Bund und Länder. Zudem bildet das Epidemiegesetz die rechtliche Grundlage für viele Maßnahmen. So können Erkrankte, krankheits- und ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt eingeschränkt werden. Ebenso können für Bewohner von Epidemiegebieten Verkehrseinschränkungen verfügt werden. Folglich können auch Schulen und Kindergärten geschlossen werden, ebenso können Bewohner von Ortschaften, in denen eine anzeigepflichtige Krankheit aufgetreten ist, unter anderem vom Besuch von Lehranstalten oder Kindergärten ausgeschlossen werden. Veranstaltungen, an denen größere Teilnehmerzahlen erwartet werden, können untersagt werden.

Das Bundesheer hat seit einigen Jahren in der "Sicherheitspolitischen Jahresvorausschau", so auch in jener aus dem Jahr 2019, eine schwere Pandemie und ein umfassendes Blackout auf der "Risikoskala im Bereich des Möglichen - mit schwersten Schädigungen im Bereich der Infrastruktur, der Wirtschaft, des öffentlichen Lebens und natürlich bei der Bevölkerung selbst" zugeordnet. Demnach bedarf es hierbei des Einsatzes aller staatlichen Instrumente - vor allem auch des Bundesheeres -, um die Resilienz des Landes wiederherzustellen; unter der Voraussetzung, dass das Bundesheer sich selbst als resilient gegenüber derartigen und anderen Bedrohungen erweist und über eine ernstzunehmende Infrastruktur und Ausrüstung verfügt.

Schutzausrüstung für Notfälleim eigenen Land produzieren

Das Bundesheer ist Teil der umfassenden staatlichen Sicherheitsvorsorge. Diese setzt eine stetige Überprüfung derartiger Situationen voraus - gesamtstaatlich, im Austausch mit Regierungen, Gesundheitsbehörden und mit internationalen Organisationen. Umfassende Sicherheitspolitik bedeutet vor allem gesamtstaatlich-vorsorgende Sicherheitspolitik - auch im Umgang mit Epidemien beziehungsweise Pandemien, bei der wirksamen Eindämmung und bei der Bevorratung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und erforderlicher Schutzausrüstung. Die Corona-Krise machte vor allem deutlich, wie abhängig Österreich bei der Lieferung von Schutzausrüstung von ostasiatischen Ländern geworden ist - diese liegen oft neun bis zwölf Flugstunden von Österreich entfernt. Nicht nur Lebensmittel, sondern auch die Schutzausrüstung selbst sollte verstärkt in Österreich produziert werden - insbesondere für einen Fall, in dem die Versorgung mit (über)lebensnotwendigen Gütern aus dem Ausland nicht mehr sichergestellt werden kann. Diesbezüglich bedarf es des weiteren Ausbaus einer verstärkten Koordination aller dafür notwendigen Institutionen mit der Wirtschaft.

Bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise setzte Österreich auf eine Vielzahl von Maßnahmen - von der Direkthilfe über Steuersenkungen bis zu Investitionen in die Infrastruktur. Österreichs Regierung sagte zwar der Wirtschaft rasch umfassende Hilfe zu, jedoch sahen viele Unternehmer über eine längere Zeit hinweg wenig bis keine Hilfe, mussten Lohnfortzahlungen selbst finanzieren und sehen sich mittlerweile in ihrer Existenz gefährdet. Die Konsumfreudigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung ließ zudem deutlich nach. Konsumgewohnheiten änderten sich. Einkäufe beschränken sich großteils auf Dinge des täglichen Gebrauchs. Touristen aus dem besucherstarken Ausland bleiben in der gewohnten Anzahl aus. Eine größere Pleitewelle von Betrieben könnte ab September bevorstehen. Ein weiterer Shutdown oder Lockdown würde zudem die Wirtschaft enorm treffen.

Verwundbarkeit der europäischen Gesellschaften

Die Corona-Krise hat die Verwundbarkeit der europäischen Gesellschaften aufgezeigt - insbesondere wie schnell sich eine gewohnte Sicherheits- und Wirtschaftslage ändern kann. Alle durch die Pandemie betroffenen Staaten sind nun in die Lage versetzt, ihre jeweilige Sicherheitsvorsorge einer gründlichen Überprüfung zu unterziehen. Innerhalb der EU bedarf es hier der Überprüfung hinsichtlich einer Steigerung der Effizienz beim Zusammenwirken der nationalstaatlichen mit den Krisenmanagementmechanismen der Union. Zu Beginn der Krise blockierten sich hier manche EU-Staaten selbst, gemäß dem Motto "Rette sich, wer kann". Einer zweiten Welle gilt es auch innerhalb der EU zwischenstaatlich abgestimmt vorzubeugen. In Österreich sind inzwischen neue Corona-Cluster entstanden, die Zahl der Infizierten steigt wieder. Impfstoffe gegen das Virus sind noch in Entwicklung. Umsicht und Vorsorge müssen folglich weiterhin Vorrang haben.