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Gleichberechtigung lässt sich nicht verordnen

Von Heike Lehner

Gastkommentare
Heike Lehner arbeitet als Ökonomin bei der Agenda Austria und ist dort für das Thema Geldpolitik zuständig.
© privat

Eine gut ausgebaute Kinderbetreuung auf dem Land würde die Wahlfreiheit der Mütter deutlich verbessern.


Alljährlich wird der Equal-Pay-Day begangen, um zu zeigen, dass Männer deutlich mehr verdienen als Frauen. Dabei wird stets die Botschaft mitgeliefert, dass Frauen nur deshalb weniger verdienen, weil sie eben Frauen sind. Dass die Sache komplizierter ist, wird schnell klar, wenn man sich die Details ansieht. Für einen wesentlichen Teil des Lohnunterschiedes gibt es nämlich ganz einfache Erklärungen. So arbeiten Frauen oft in schlechter bezahlten Branchen und zudem auch noch häufig unterhalb ihres Qualifikationsniveaus.

All das führt auch dazu, dass Frauen öfter in Karenz gehen. Dass der Partner mit dem geringeren Einkommen zuhause bleibt, ist im Rahmen der Familienplanung nicht ganz überraschend. Dadurch fehlen Frauen aber nicht nur Beitragsjahre für die Pension, sondern es ist auch schwierig, wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen und mit den steigenden Einkommen der Männer mitzuhalten. Folgen dem Kind dann noch weitere, kehren viele Frauen nur noch in Teilzeit oder gar nicht mehr ins Berufsleben zurück.

Welch starke Rolle die Mutterschaft spielt, zeigt ein Vergleich unter Frauen. Mütter verdienen nicht nur weniger als Männer, sondern auch weniger als kinderlose Kolleginnen, wie wir in der Studie "Kinder machen den Unterschied" nachweisen konnte. Darin haben wir Frauen verglichen, die sich nur durch die Geburt eines Kindes unterscheiden. So verdienen Mütter auch zehn Jahre nach der Geburt nur 67 Prozent ihres kinderlosen Pendants mit denselben Qualifikationen im selben Beruf.

Auch Männer erleben das, wenn sie ähnlich lang in Karenz gehen. Sie tun es halt kaum. Hier könnte der Staat einen Anreiz setzen. Etwa dahingehend, dass die Karenzzeit auf Mütter und Väter verpflichtend aufgeteilt wird und nicht übertragen werden kann. Zum Beispiel ein Jahr für die Mutter und ein Jahr für den Vater. Nimmt der Vater seine Karenzzeit nicht in Anspruch, verfällt sie.

Mit einer gut ausgebauten Kinderbetreuung auf dem Land würde sich die Wahlfreiheit der Frauen deutlich verbessern. Und diese Wahlfreiheit ist es, die tatsächlich relevant ist. Natürlich wäre es zu befürworten, dass mehr Männer die Karenz in Anspruch nehmen oder die Arbeit innerhalb eines Haushaltes besser aufgeteilt würde. Aber schlussendlich sind dies individuelle Faktoren, die im privaten Bereich selbst ausgemacht werden müssen. Gesellschaftliches Umdenken mag hilfreich sein, kann aber nicht vom Staat verordnet werden.

Wie viel vom unerklärbaren Teil des Gender-Pay-Gaps tatsächlich Diskriminierung ist und wie viel mit den individuellen Eigenschaften der jeweiligen Frau zu erklären ist, steht noch zur Debatte. Fakt ist, dass der Staat Frauen in ihrer Wahlfreiheit unterstützen kann. Die gesellschaftlichen Vorstellungen aktiv verändern zu wollen, ist nicht seine Aufgabe. Aber die Gleichberechtigung wird dann gefördert, wenn eine Mutter selbst entscheiden kann, ob sie den ganztätigen Kinderbetreuungsplatz in Anspruch nehmen oder lieber selbst bei den Kindern zuhause bleiben will. Auch wenn das viele wahrscheinlich nicht gerne hören.