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Wenn es bloß Antworten gäbe

Von Lukas Sustala

Gastkommentare

Das Budget 2021 liefert keine "teure Antwort", sondern oftmals eine teure Nicht-Antwort.


Das Budget 2021 wurde als Antwort auf die Corona-Krise präsentiert. Es ist eine "teure Antwort", um Finanzminister Gernot Blümel präzise aus seiner Budgetrede zu zitieren. Und tatsächlich wird es teuer: 2020 und 2021 rechnet der Finanzminister für den Bund mit einem Maastricht-Defizit von 33 beziehungsweise 23 Milliarden Euro, wenn es so kommt wie dargelegt. Doch so groß die Defizite und die Unsicherheiten auch sind, so groß sind auch die vielen offenen Fragen, die im 3.876 Seiten umfassenden Budget nicht beantwortet werden. Exemplarisch seien zwanzig davon in der Folge angeführt:

Was passiert mit der Kurzarbeit nach 2021? Wie will die Regierung nicht nur bestehende Jobs verteidigen, sondern auch neue ermöglichen? Die Regierung hat viele Pflaster präsentiert, um die Corona-Wunden zuzudecken, doch dabei auf die Zukunft vergessen. Ein funktionierender Arbeitsmarkt braucht nicht nur einen Schutz bestehender Jobs, sondern auch Rahmenbedingungen für neue. Denn die Arbeitslosigkeit wird auch dann steigen, wenn die Zahl neuer Jobs sich nicht erholt. Wird der Faktor Arbeit dafür noch steuerlich entlastet?

Stark steigende Pensionsausgaben

Wie werden die stark steigenden Pensionsausgaben gedämpft? 2021 steigen sie um rund 2 Milliarden Euro, um 857 Millionen Euro stärker als alle "neuen Schwerpunkte" der Regierung zusammengenommen. Wann werden Teile der vor der Nationalratswahl 2019 beschlossenen Verteuerungen zurückgenommen, um die Kostensteigerung zumindest ein wenig zu dämpfen? Welche weiteren Maßnahmen gibt es, um den tatsächlichen Pensionsantritt näher an das gesetzliche Antrittsalter zu bekommen? Schließlich gehen die Österreicher im Schnitt immer noch früher in Pension als 1970 - und das, obwohl die Lebenserwartung in der Zwischenzeit einen Sprung von rund sieben Jahren gemacht hat.

Das Steuersystem ist aktuell komplex und nicht ökologisch ausgerichtet. Wo bleiben erste kleine Ökologisierungsschritte, wie die Pendlerpauschale-Reform? Auch wenn im heurigen Krisenjahr die CO2-Emissionen durch die tiefe Rezession fallen: Wann gibt es Pläne, einen einheitlichen CO2-Preis auch für jene Sektoren einzuführen, die aktuell nicht Teil des europäischen Emissionshandels sind?

Bildung gilt als die Antwort auf viele gesellschaftliche Herausforderung. Doch wann gibt es Antworten auf die Fragen, die Corona für das Bildungssystem aufwirft? Nach wie vor sind viele Standorte auf Distance Learning schlecht vorbereitet. Erratische Schulschließungen und ein Versagen des Contact Tracings in den ersten Wochen des Herbstes lassen Schlimmes befürchten. Wann gibt es Budgets, um eine schnellere Testung von Lehrenden und Lernenden sicherzustellen? Wann werden die digitalen Defizite des österreichischen Bildungsstandorts, wie zuletzt etwa von der OECD festgehalten, endlich geschlossen, oder gilt nach wie vor, dass im Zweifel eben die Eltern einspringen müssen? Wer darauf heute keine Antworten liefert, wird sie in Jahren um ein Vielfaches teurer im Arbeitsmarktbudget nachreichen.

Wie wird ein "Überwintern" der Betriebe ermöglicht?

Im Jänner 2021 laufen Liquiditätshilfen wie der Insolvenzstopp und die Steuerstundungen aus, insgesamt tragen die Betriebe durch die Krise rund 15 Milliarden Euro an neuen Schulden mit sich: Wie stärkt man bis dahin das Eigenkapital der Betriebe oder unterstützt Sanierungen? Wie werden Märkte für Eigenkapital in Österreich unterstützt? Wenn der Fixkostenzuschuss dieses Problem kurzfristig bekämpfen soll: Wie rasch wird er umgestaltet, um das vom Finanzminister mittlerweile oft in Aussicht gestellte "Überwintern" der Betriebe zu ermöglichen? Für keine Branche wäre das wichtiger als für den Tourismus.

Wann wird die Cofag transparent aufgestellt, um Bürgern und Forschern endlich Einblicke zu ermöglichen, was mit dem Steuergeld passiert? Und vor allem, wie effektiv diese Mittel vergeben werden? Das österreichische Förderwesen zeichnete sich schon vor 2020 nicht durch Transparenz aus. Die Cofag ist mit rund 25 Milliarden Euro ein Fördergigant, aber ein Transparenzzwerg. Wann wird die Transparenzdatenbank endlich mit Leben erfüllt, um in einem Jahr, in dem Bund und Länder und Gemeinden Subventionen in Rekordhöhe vergeben, auch nachvollziehen zu können, wofür Steuergeld eingesetzt wird?

Von den Mitteln des Krisenbewältigungsfonds wurden bis Ende September zwar schon mehr als 10 Milliarden Euro umgeschichtet, aber erst 2,7 Milliarden von den Ressorts ausgezahlt. Was macht man, wenn die Mittel heuer nicht im budgetierten Ausmaß ausgegeben werden? Wer evaluiert, warum einige Hilfsinstrumente in Österreich so bürokratisch und langsam funktionieren, und zieht daraus Konsequenzen?

Wann werden die Maßnahmen zur Ankurbelung des Konsums evaluiert? Im September gab es etwa Einmalzahlungen für Familien und Arbeitslose. Weil aber im September auch das Infektionsgeschehen zunahm und Corona-Maßnahmen verschärft wurden, geht man davon aus, dass die Einmalzahlungen stark gespart wurden. Immerhin soll sich die Sparquote heuer verdoppeln. Eine effektive Konjunkturbelebung sieht anders aus.

Viele dieser Fragen stellen sich seit Monaten, manche seit Jahren. So oder so gilt es, rasch evidenzbasierte Antworten darauf zu geben, um in der Krise gut gegensteuern zu können und den Sozialstaat nicht zu überlasten. Der Erste-Group-Chef Bernhard Spalt meinte zuletzt etwa, dass es neue Rahmenbedingungen für eine Stärkung des Eigenkapitals der Betriebe bereits "gestern" brauche. Das Budget 2021 liefert leider auf wirklich drängende Fragen noch keine Antworten. Und das könnte noch teurer werden.