Zum Hauptinhalt springen

USA-Großbritannien - zwei verlorene Mächte

Von Melanie Sully

Gastkommentare
Melanie Sully ist britische Politologin und Direktorin des in Wien ansässigen Instituts für Go-Governance. Sie hat unter anderem als Konsulentin für die OSZE und den Europarat in Straßburg gearbeitet und ist Mitglied des Royal Institute of International Affairs in London.
© Weingartner

Eine Institution bleibt ein Magnet für US-Präsidenten: die Queen.


Die Wertegemeinschaft der Achse USA-Großbritannien bildete das Fundament, um den "freien Westen" zu verteidigen. Der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill, der die Phrase der "special relationship" prägte, versicherte sich der Unterstützung des US-Präsidenten Roosevelt, um die Nazi-Tyrannei zu besiegen. Diese Verbundenheit hielt auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges, als die Sowjetunion über Osteuropa rollte.

Diese Mission war mit dem Gefühl der moralischen Überlegenheit und dem Wissen verbunden, dass das demokratische System zwar alles andere als perfekt, aber dennoch besser als jedes andere sei. Heutzutage, mit "Black Lives Matter"- und "MeToo"-Bewegungen, einer erstarkten Zivilgesellschaft, Menschenrechten und Diversität, gibt sich die Bevölkerung jedoch nicht mehr alleine mit dieser Einstellung zufrieden. Mit dem Fall der UdSSR ging außerdem die simple Dichotomie des "Ost versus West" unter. Die Qualität der Demokratien steht seither im Vordergrund.

Doch dies ist genau dieser Bereich, in dem sowohl die USA als auch Großbritannien aktuell versagen: Respekt für den Rechtsstaat, Wahlergebnisse, Parlamentarismus und der Umgang mit Minderheiten sind in Schieflage geraten.

Ein unsicheres und gespaltenes Großbritannien sucht nach seiner Rolle in der Welt. Auch die USA haben viel von ihrem Glanz vergangener Zeiten verloren und sind nicht mehr jenes große Vorbild, das sie einmal waren. Beide Staaten schauen mit Beklommenheit auf ein zunehmend selbstbewusstes Asien und die damit verbundene Gefahr für die Volkswirtschaften des Westens. Innovative Antworten, sowohl von Washington als auch London, sind allerdings Mangelware. Die Politik beschäftigt sich mit Schadensbegrenzung, geht es nun um Hongkong oder chinesische Technologie. Visionen über die Zukunft sind deshalb weder aus dem Weißen Haus noch aus Downing Street bald zu erwarten.

Das Britische Weltreich befand sich Jahrzehnte im Niedergang. Die Suez-Krise Mitte der 1950er Jahre zeigte schonungslos die Grenzen US-amerikanischer Unterstützung auf. Danach verbesserten sich die Beziehungen zu den USA unter Premierminister Harold MacMillan. Aber mit dem Wahlsieg der Labour-Partei 1964 wurde Harold Wilson zum Premierminister gewählt. Die sogenannte eigenständige nukleare Abschreckung Großbritanniens entlarvte er als weder eigenständig noch abschreckend, sondern abhängig von der Gnade Amerikas. Tony Blair wiederum wurde demütigend als Pudel der USA dargestellt und David Cameron scheiterte am britischen Parlament, als seine Regierung Obamas Politik in Syrien unterstützen wollte.

Die Beziehungen zu den USA sind für Großbritannien ein sensibles Thema. Als die Kennedys vom Pariser Glanz überwältigt schienen, gab sich Großbritannien größte Mühe, mitzuhalten. Ebenso Trump, welcher anlässlich der französischen Festlichkeiten zum 14. Juli von Präsident Macron hofiert wurde, der den Briten damit den Schneid abgekauft hatte. Eine Institution bleibt jedoch wie eh und je ein Magnet für US-amerikanische Präsidenten: die Monarchie und ein Treffen mit der Queen. Weder Berlin noch Paris können auch nur im Entferntesten mit der Pracht eines royalen Banketts mithalten.